Russland-Skandal um Präsident Trump: US-Justizminister soll Kontakte zu russischem Botschafter erklären
Möglicherweise hat die Regierung Trump von russischer Einflussnahme auf die Wahl voriges Jahr profitiert. Am Abend soll Justizminister Sessions vor dem Senat zu seinen Russland-Verbindungen aussagen.
In der Welt von Donald Trump ist alles in Ordnung. Bei der ersten Kabinettsitzung im Weißen Haus ergingen sich die Minister in Lobhudelei und Ergebenheitsadressen für den Präsidenten, die angesichts der vielen Probleme der skandalumwitterten Regierung bizarr wirkten, dem Mann an der Spitze aber sichtlich gefiel. Es sei ein „Segen“, Trump zu dienen, flötete Stabschef Reince Priebus. Von einer „Ehre“ sprach Justizminister Jeff Sessions, der am Dienstag jedoch jäh auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurde: Sessions sollte ab 20.30 Uhr MESZ vor dem Senat zu seinen Russland-Verbindungen aussagen.
Trumps Welt ist die einer Regierung, die für Amerika arbeitet und von unpatriotischen Neidern angefeindet wird. Viele andere in den USA sehen eine Clique an der Spitze des Staates, die möglicherweise von russischer Einflussnahme auf die Wahl voriges Jahr profitierte und jetzt versucht, die Angelegenheit unter den Teppich zu kehren. Die Nachrichtenagentur Bloomberg meldete am Dienstag, die russischen Hacker-Attacken auf Software-Programme für die US-Wahl und Meldesysteme für die Wähler seien zahlreicher gewesen als bisher bekannt. Insgesamt seien 39 der 50 amerikanischen Bundesstaaten betroffen gewesen.
Der Präsident tut die Meldungen über russische Einflussversuche als unbegründet ab, doch eine Mehrheit der Amerikaner hat den Verdacht, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Nach einer neuen Umfrage sind 56 Prozent der Wähler überzeugt, dass sich Trump in die Ermittlungen wegen der russischen Manipulationsversuche eingemischt hat. Fast zwei von drei Amerikanern werfen dem Präsidenten vor, bei der Entlassung von FBI-Chef James Comey eigene Interessen im Kopf gehabt zu haben, nicht das Wohl des Landes.
Erinnerungen an Watergate
Seit Comey vergangene Woche vor dem Senat berichtete, wie Trump ihn zur Einstellung von Ermittlungen gegen Ex-Berater Michael Flynn aufforderte, hat sich dieser Verdacht noch erhärtet. Trumps Anhänger tun ihr Bestes, um das Misstrauen weiter zu stärken: Der Medienunternehmer Christopher Ruddy, ein enger Freund des Präsidenten, sprach von Überlegungen Trumps, den Russland-Sonderermittler Robert Mueller zu feuern. Auch der ehemalige Präsident des Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, regte eine Entlassung Muellers an.
Mit einem solchen Schritt würde der Druck auf den Präsidenten nur noch weiter steigen: Oppositionspolitiker kündigten bereits an, der Kongress werde Mueller umgehend erneut ernennen, falls der Sonderermittler vom Präsidenten entlassen werden sollte. Die Spekulationen weckten Erinnerungen an den Watergate-Skandal der 1970er Jahre, als der damalige Präsident Richard Nixon ebenfalls einen Sonderermittler ablöste. Am Ende musste Nixon zurücktreten.
Trumps republikanische Parteifreunde im Kongress geraten wegen des Verhaltens der Regierung in eine ungemütliche Lage. Viele von ihnen müssen sich im Herbst kommenden Jahres der Neuwahl stellen und deshalb bald entscheiden, ob sie Nähe oder Distanz zum Präsidenten suchen sollten. Trumps Zustimmungsrate ist mit 35 Prozent sehr niedrig, doch seine Kernanhängerschaft unterstützt den Populisten weiter.
Mit Blick auf die anstehenden Wahlen wittern die oppositionellen Demokraten Morgenluft und setzen ganz auf Angriff. Ihre Vertreter im Geheimdienstausschuss des Senats wollen von Minister Sessions unter anderem wissen, welche Rolle er bei der Entlassung von FBI-Chef Comey spielte. Außerdem soll Sessions seine Kontakte zum russischen Botschafter in Washington, Sergey Kisljak, erläutern; Comey hatte vergangene Woche von „problematischen“ Verbindungen Sessions gesprochen. In den Stunden vor der Anhörung galt es jedoch als unwahrscheinlich, dass Sessions vor den Senatoren in öffentlicher Sitzung viel über die Details seiner Kontakte und Gespräche sagen würde. Der Justizminister will Trumps Traumwelt nicht zerstören.