Die Mission des Mike Pompeo: US-Außenminister schürt die Angst vor dem Iran
Der US-Außenminister will den Verbündeten klar machen, wie groß die Bedrohung durch den Iran ist. Die Europäer in Brüssel reagieren zugeknöpft.
Mike Pompeo scheint derzeit nur eine Mission zu haben. Der US-Außenminister will die Verbündeten aufrütteln, will ihnen klar machen, welche Bedrohung der Iran darstellt. Dafür fliegt er gerade durch die Welt, überrascht die einen mit einem Besuch – und die anderen mit einer kurzfristigen Planänderung. So geschehen in der vergangenen Woche, als er Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas nur wenige Stunden vor einem Treffen in Berlin darüber informierte, dass er es dieses Mal doch nicht nach Deutschland schaffe, aber bald zu seinem ersten offiziellen Besuch seit Amtsantritt kommen wolle.
Stattdessen flog er in den Irak, um Irans Nachbarn zu warnen und entsprechend einzunorden. So geschehen auch in der Nacht zu Montag, als Pompeo einen Überraschungsbesuch in Brüssel für den Vormittag ankündigte – statt direkt nach Russland zu fliegen, wo er sich am Dienstag in Sotschi mit Präsident Wladimir Putin treffen will. Ein Sprecher kündigte an, Pompeo werde mit den europäischen Partnern über den Iran sprechen.
Die so Überraschten in Brüssel reagieren zugeknöpft. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte zurückhaltend, Pompeo sei immer willkommen, aber man habe beim Außenministertreffen an diesem Montag eine volle Agenda. „Wir werden im Laufe des Tages sehen, ob und wie wir ein Treffen organisieren können“, sagte die Italienerin. Wiedersehensfreude sieht anders aus.
Das liegt neben der Kurzfristigkeit vor allem daran, dass Washington und Brüssel bei der Frage, wie umgehen mit dem Iran, grundlegend unterschiedlicher Meinung sind. Die USA stiegen vor einem Jahr einseitig aus dem Atomabkommen mit der Islamischen Republik aus, weil sie den Iran vorwerfen, die Stabilität der ganzen Region zu gefährden und den Terrorismus zu unterstützen. Sie haben wieder harte Sanktionen eingeführt, um die Wirtschaft der Islamischen Republik abzuwürgen und das Regime zu einem Kurswechsel zu zwingen. Die Parole lautet: Der Iran solle sich einfach wie ein „normales Land“ verhalten, dann werde alles gut.
Die Europäer wiederum, die Irans Treiben ebenfalls kritisch sehen, wollen das Abkommen unbedingt retten. Nur so lasse sich verhindern, dass das Regime, das die Auslöschung Israels propagiert, an Atombomben gelange. Auch verweisen sie auf Erkenntnisse der Atomenergiebehörde, nach denen der Iran bisher alle Verpflichtungen des Abkommens einhalte. Daher will die EU trotz US-Sanktionsdrohungen am Handel mit Teheran festhalten. Ansonsten könne der Iran das eingestellte Nuklearprogramm wieder aufnehmen. Angedroht hat er es.
Die USA verstärken ihre Militärpräsenz im Nahen Osten
Das alles überzeugt Washington nicht, und darum fliegt der US-Außenminister von Hauptstadt zu Hauptstadt, um die Verbündeten auf Linie zu bringen. Bei seinem Irak-Blitzbesuch hatte Pompeo von Hinweisen gesprochen, der Iran US-Truppen in der Region könne angreifen. Dies diente auch als Begründung, warum die USA ihre Militärpräsenz im Nahen Osten verstärken. So schickte das Pentagon bereits Kriegsschiffe, Langstreckenbomber und Raketenabwehrsysteme. Diese Drohkulisse beunruhigt die Europäer. So erklärte der britische Außenminister Jeremy Hunt: „Wir sind äußerst besorgt, dass es aus Versehen zu einem Konflikt kommen könnte – mit einer Eskalation, die von keiner Seite gewollt ist.“ Darüber wolle er in Brüssel mit Pompeo sprechen, kündigte er an. „Ich denke, wir brauchen eine Ruhephase, um sicherzustellen, dass jeder versteht, was die andere Seite denkt.“
Dabei gibt es die Vermutung, dass die USA durchaus Interesse an einer Eskalation haben. Dafür steht neben Pompeo der Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, John Bolton. Dieser argumentiert seit Jahren, der Iran lasse sich nur mit Gewalt von der Bombe fernhalten. Die beiden Hardliner prägen derzeit die amerikanische Iran-Politik, obwohl Trump militärischen Abenteuern eigentlich skeptisch gegenüber steht. So versichert der Iran-Beauftragte der US-Regierung, Brian Hook, ein ums andere Mal, Washington strebe keinen Regimewechsel sondern einen Wechsel im Verhalten des Regimes an. Nur: Nicht jeder glaubt das.