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Der Heiligenschein des Himmels. Windkraftanlagen in Schleswig-Holstein.
© Christian Charisius / dpa

Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes: Unter dem Klima leiden die Nächsten

Das EEG-Reförmchen zeigt: Die Union spielt auf Zeit und plant für Schwarz-Grün. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Jakob Schlandt

Das Ritual einer blockierten Koalition“ nannte ein Grüner gestern die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), die Union und SPD wohl noch diese Woche beschließen wollen. Das trifft die Sache ganz gut. Denn damit ist entschieden: Die neue deutsche Klimapolitik wird nicht von dieser, sondern der kommenden Bundesregierung gestaltet.

Klar, die SPD konnte ein paar Steckenpferdchen ins Ziel treiben, zum Beispiel etwas großzügigere Regeln für kleine Solaranlagen. Und auch für jene Windräder, deren Förderung nach 20 Jahren ausläuft, wird wohl noch eine kleine Übergangsregelung gefunden.

Die große, die wichtigste Frage bleibt unbeantwortet: Wie kann Deutschland den Ausbau der erneuerbaren Energien so in Schwung bringen, dass auch nur ansatzweise Deckungsgleichheit entsteht mit dem eigenen Ziel, den Anteil bis 2030 auf 65 Prozent des Stromverbrauchs hochzuschrauben? Das muss gelingen, wohlgemerkt, während Millionen E-Auto-Ladestationen und Wärmepumpen neu ans Netz kommen.

Lahme Ausreden

Beim entscheidenden Ausbauziel und den entsprechenden Ausschreibungen für die nötige Erzeugungsleistung wird also vertagt unter Verweis auf die europäische Gesetzgebung. In Brüssel, so das Argument der schwarz-roten Koalition, sei ja gerade erst das Klimaziel nach oben revidiert worden.

Eine – mit Verlaub – lahme Ausrede. Mit Vorgaben aus Brüssel ist frühestens im kommenden Sommer zu rechnen, bei Details wird es noch länger dauern. Und die Spatzen pfeifen es von den Windrädern und Solardächern: Es läuft sowieso auf einen viel schnelleren Erneuerbaren-Ausbau hinaus, die Details aus Brüssel sind dafür irrelevant. Nein, sachdienlich und kongruent ist die schlappe EEG-Reform nicht, und das wissen die Koalitionäre auch.

Doch die Union, die die SPD eingebremst hat, glaubt, geschickt zu taktieren. Spätestens seit vergangenem Jahr ist sie mit einem neuen Koordinatensystem konfrontiert, das sich deutlich Richtung Klimaschutz verschoben hat. Das bedeutet zweierlei: Erstens, dass auch im bürgerlichen Lager ein erheblicher Anteil der Wähler den Klimaschutz in die Wahlentscheidung einfließen lässt. Allerdings auch, zweitens, dass die Grünen Hauptkonkurrenz und gleichzeitig der wahrscheinlichste Koalitionspartner der Union sind.

Verhandlungsmasse für eine neue Koalition

Diese Konstellation wiederum bietet zwei Handlungsoptionen: Erstens, möglichst schnell möglichst viel Klimaschutz umzusetzen, um im Wahlkampf besser bestehen zu können. Schon jetzt sieht sich zum Beispiel CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier ständig harter und gerechtfertigter Attacken ausgesetzt, er tue nicht, was er sage. Diese Attacken könnte man entkräften.

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Oder, zweite Möglichkeit: Verhandlungsmasse erhalten für die von vielen als fast zwangsläufig gesehene Koalition mit den Grünen. Je niedriger die Latte vor der Wahl liegt, desto sicherer ist die Union vor überzogenen Forderungen der Grünen nach der Wahl.

Die Union hat sich für letztere Option entschieden. Das kann man für zynisch halten oder sagen: So ist Politik. Ein bisschen tragisch ist das ganze für die SPD, die erkennbar wollte, aber nicht durfte, und nun weder mit einem besseren Wahlergebnis noch mit einer besseren Verhandlungsposition belohnt werden wird. Aber da wiederholt sich auch in der Klima- und Energiepolitik das Dauerschauspiel der letzten Jahre. Man kann es auch Ritual nennen.

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