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Horst Seehofer muss seinen Gesetzentwurf auch gegen Kritik aus den eigenen Reihen verteidigen.
© Jens Schicke/Imago

Familiennachzug: Unionspolitiker finden Seehofers Gesetzentwurf zu lasch

Ungewohnte Lage für Innenminister Seehofer: Einigen in der Union ist sein Gesetz zum Familiennachzug für subsidiär schutzberechtigte Flüchtlinge nicht scharf genug.

Der Termin stand bei Horst Seehofer eigentlich weit oben auf der Agenda. „Ich freu’ mich jetzt schon auf den Kirchentag“, verkündete der Bundesinnenminister vorige Woche in Berlin, „um da mal die Zusammenhänge aufzuzeigen“. Doch am Donnerstag warteten die Kirchentagsbesucher in Münster vergeblich auf den CSU-Mann, um sich die Zusammenhänge in seiner Flüchtlings- und Integrationspolitik erklären zu lassen. Es gebe „Anreiseprobleme“, lautete die amtliche Erklärung.

Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass Seehofer nur sehr ungern fliegt, ist das eine etwas rätselhafte Begründung. Aber das neue Amt bringt für den CSU-Chef Horst Seehofer nun mal viele neue Herausforderungen und Erfahrungen mit sich. Ganz neu dürfte zum Beispiel die Erfahrung sein, dass Unionspolitiker ausgerechnet ihm eine zu lasche Haltung bei der Abschiebung von Asylbewerbern vorwerfen.

Das Gesetz soll zum 1. August in Kraft treten

Anlass ist Seehofers Entwurf für den Familiennachzug für subsidiär schutzberechtigte Flüchtlinge, den das Bundeskabinett am Mittwoch auf den Weg gebracht hat. Das Gesetz war nach einigem Gerangel mit der SPD zustande gekommen und muss zügig durch das Parlament gebracht werden, um wie im Koalitionsvertrag vereinbart zum 1. August in Kraft zu treten.

Die Kernpunkte waren seit voriger Woche bekannt: Der derzeit komplett ausgesetzte Familiennachzug für diese spezielle Flüchtlingsgruppe – meist Syrer und Iraker aus den Bürgerkriegsregionen im Nahen Osten – wird ab August für ein Kontingent von 1000 Familienangehörigen pro Monat wieder möglich. Um Anlaufprobleme abzumildern, gilt für die ersten fünf Monate ein Gesamtkontingent von 5000 Menschen.

Einigen Unionspolitikern ist der Gesetzentwurf zu lasch, einigen SPD-Politikern geht er zu weit... Die Damen und Herren von den Regierungsparteien mögen sich bitte von Zeit zu Zeit daran erinnern, dass sie sich in einer Koalition befinden.

schreibt NutzerIn gophi

Nicht akzeptiert werden Anträge von Ehepartnern, die erst nach der Flucht geheiratet haben, Schwerkriminellen und „Gefährdern“. Bewerben dürfen sich aber Personen, die als Gefährder eingestuft waren, aber glaubhaft abgeschworen haben und sich gegenüber den deutschen Behörden kooperativ verhalten.

Streit über sogenannte Gefährder

Der Passus war in den Ressortverhandlungen mit Justizministerin Katharina Barley (SPD) in den Entwurf gekommen. Barley versicherte, aktuell als „Gefährder“ geführte Personen blieben außen vor. Und Seehofer ergänzte, die Ausnahmeregel sei eine „sehr abstrakte“ Bestimmung; in seinem Ministerium könne sich jedenfalls niemand an einen Fall erinnern, auf den sie zutreffen könnte.

Einigen CDU-Innenpolitikern aber reicht das nicht. Sie zweifeln an, dass eine Abkehr vom Islamismus mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann. Lorenz Caffier, Sprecher der CDU-Landesinnenminister, sieht durch Seehofers Entwurf die innere Sicherheit gleich „erheblich“ bedroht. Ausländische „Gefährder“ gehörten abgeschoben, kritisierte der Minister aus Mecklenburg-Vorpommern, damit sei auch für ihre Familien kein Platz.

Der Bundesinnenminister sagt: Ich habe das letzte Wort

Der thüringische CDU-Oppositionsführer Mike Mohring sieht ebenfalls „klar das falsche Signal gesetzt“. „Es ist nicht im Interesse Deutschlands, dass die islamistische Kundschaft von Polizei und Staatsschutz noch durch Familiennachzug belohnt wird“, erklärte der Fraktionschef. Niemand könne diesen Menschen hinter die Stirn schauen und garantieren, dass ihre Absage an sicherheitsgefährdendes Handeln glaubwürdig sei. In der Güterabwägung müsse aber die Sicherheit der deutschen Bürger klar vorgehen.

Seehofer scheint solche Einwände vorausgeahnt zu haben. Er halte die Ausnahmeregel für „absolut verantwortbar“. Das letzte Wort in solchen Fällen habe schließlich der Bundesinnenminister, mit anderen Worten: Er selbst.

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