Junge Union prescht mit Anträgen vor: Union streitet um Urwahl ihrer Kanzlerkandidaten
Am Wochenende könnte sich der Unions-Nachwuchs auf eine Urwahl der Kanzlerkandidaten festlegen. Das beunruhigt nicht nur die CDU-Chefin, sondern auch die CSU.
Nun hat also auch die Union das Problem. Vor allem konservative und junge Parteimitglieder drängen darauf, die K-Frage in CDU und CSU diesmal nicht von oben herab, sondern per Urwahl zu entscheiden.
Sie argumentieren ganz modern: mit dem Wunsch nach mehr Teilhabe und Basis-Einbindung, innerparteilicher Demokratisierung, Abkehr von miefiger Hinterzimmer-Politik. Dagegen lässt sich von den Parteioberen schwer anargumentieren. Schwerer jedenfalls, als wenn die Querulanten offen sagen würden, dass sie statt der unglücklich agierenden CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer bei der kommenden Wahl lieber einen Friedrich Merz oder Jens Spahn auf dem Schild sähen.
Gleich zwei Anträge beim Deutschlandtag der Jungen Union
Beim Deutschlandtag der Jungen Union am Wochenende in Saarbrücken könnte der Parteinachwuchs Nägel mit Köpfen machen. Unter der Überschrift „Innerparteiliche Demokratie“ liegen den Delegierten gleich zwei Anträge für einen Mitgliederentscheid über die nächste Kanzlerkandidatur vor. „Gerade Volksparteien müssen offen für Veränderungen sein, um politisch stark zu bleiben“, schreibt der JU-Landesverband Braunschweig. Die letzten Monate hätten gezeigt, „wie lebendig die CDU sein kann, wenn man die Mitglieder noch stärker einbindet“. Angesichts historisch schlechter Wahlergebnisse brauche es „einen Aufbruch, der die gesamte Basis mitnimmt und keine Hinterzimmer-Mentalität“, heißt es in einem weiteren Antrag von acht Bezirks- und Kreisverbänden.
Wenn die Junge Union die Anträge beschließt (und zuzutrauen wäre es ihr), hätte sich der nächste CDU-Parteitag mit der Forderung zu beschäftigen. Auch die sogenannte Werte-Union, ein immer lauter werdendes Splittergrüppchen von Rechtskonservativen, hat für das Treffen am 22. November einen Urwahl-Antrag angekündigt - wofür sie dann aber mehr Unterstützer bräuchte als sie Delegierte stellt. Formell würde das Begehren vom Parteitag dann wohl abgelehnt. Aber die Debatte könnte unschön werden. Und ein fader Geschmack bliebe allemal.
Mohring: Nicht den gleichen Fehler machen wie die SPD
Derweil häufen die Wichtigen der Union ein Realpolitiker-Gegenargument aufs andere. Mit einer Urwahl gehe „immer eine wochen- oder gar monatelange Selbstbeschäftigung einher“, warnt CDU-Vize Thomas Strobl. „Es wäre schön, wenn wir nicht die gleichen Fehler machen würden wie die SPD“, sagt Thüringens CDU-Chef Mike Mohring. CDU-Vize Julia Klöckner sieht überhaupt „keinen Grund, zum jetzigen Zeitpunkt über Kanzlerkandidaturen zu debattieren“.
Selbst Armin Laschet, über dessen eigene Kanzlerambitionen spekuliert wird, hält nichts von einer Urwahl. Die sei schlicht „nicht repräsentativ“, sagte er dem „Handelsblatt“. Am Ende würden 400 000 Mitglieder mit Altersschnitt 61 abstimmen – und gewählt werde dann das bekannteste Gesicht. „Nicht ermutigend“ für den nordrhein-westfälischen Regierungschef, der an seiner bundesweiten Bekanntheit noch zu arbeiten hat.
Söder drängt bei der K-Frage auf Mitspracherecht der CSU
Und dann sind da noch die Christsozialen. Bei einer Urwahl kämen sie allein von der Mitgliederzahl her unter die Räder. Geht also gar nicht aus der Sicht von Parteichef Markus Söder, der ebenfalls als denkbarer Merkel- Nachfolger gehandelt wird. „Wenn es um den Kanzlerkandidaten geht, wird es ein Mitspracherecht der CSU geben müssen“, stellte er am Mittwoch klar.
Urwahlen seien "so eine Sache", sagte Söder dem "Straubinger Tagblatt". Das könne man bei der SPD sehen. "Was macht man, wenn drei oder vier Bewerber um die 20 Prozent haben? Wenn es schlecht läuft, hat man nur beschädigte Kandidaten.“ Außerdem, so fügte der CSU-Vorsitzende hinzu, garantierten Urwahlen keine Wahlerfolge. "Wähler entscheiden nach anderen Kriterien als Parteimitglieder.“
Und Kramp-Karrenbauer? Die CDU-Chefin, der mit einer Urwahl das Recht des Erstzugriffs auf die Kanzlerkandidatur verwehrt würde, ist vorsichtig. Sie rät ihrer Partei zwar von einem Mitgliederentscheid ab, betont aber, dass die Junge Union schon immer frei darin gewesen sei, eigene Anträge zu stellen.
Interessant übrigens, wer sich zu der geforderten Basisbefragung bisher nicht geäußert hat: Friedrich Merz und Jens Spahn. Sie dürfen beim Deutschlandtag der Jungen Union beide aufs Podium und sich bejubeln lassen - vor der Abstimmung über den Urwahl-Antrag.