Die EU und der Klimaschutz: Und sie bewegt sich doch
Polens Regierungschefin hat beim EU-Klimagipfel ein wenig eingelenkt und dafür milliardenschwere Ausgleichszahlungen herausverhandelt. Trotzdem ist der Kompromiss richtig. Ein Kommentar.
Nord gegen Süd – an diese Frontstellung innerhalb der Europäischen Union hat man sich in den Jahren der Euro-Krise gewöhnt. Der Klimaschutz offenbart nun eine neue Spaltung innerhalb der Gemeinschaft: Ost gegen West, Kohle gegen Atomstrom und Sonnenenergie. Beim EU-Gipfel war eine harte Verhandlungsrunde nötig, um einen Ausgleich zwischen den höchst unterschiedlichen Interessen in der Energiepolitik zu Stande zu bringen. Geholfen hat dabei, wie immer in Europa, ein altbewährtes Mittel: Geld für die ärmeren EU-Staaten.
Das ist vernünftig, denn ohne diesen Kniff hätten Angela Merkel, François Hollande und Co. wohl kaum ein vorzeigbares Ergebnis beim EU-Gipfel präsentieren können. Die EU will bis zum Jahr 2030 ihre Treibhausgas-Emissionen um mindestens 40 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Das verdeutlicht, dass die EU weiter weltweit eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz spielen will. Die Selbstverpflichtung stellt auch ein wichtiges Druckmittel bei den Klimaverhandlungen im kommenden Jahr in Paris dar. Die EU kann sich dann gegenüber den entscheidenden Playern wie den USA und China als klimapolitischer Musterschüler präsentieren – Ausgang offen.
Klimaschutz ist auch in der EU kein Selbstläufer
Nun wäre es allerdings naiv zu glauben, der Klimaschutz in der EU werde durch den Brüsseler Gipfelbeschluss zum Selbstläufer. Dafür lässt der Kompromiss zu viele Details offen – angefangen mit der Frage, wie das globale Reduktions-Ziel von 40 Prozent auf die einzelnen EU-Staaten heruntergebrochen wird.
Aber trotzdem ist die Festlegung auf das 40-Prozent-Ziel für den Kampf gegen die Kohlendioxid-Emissionen und für die EU von großer Bedeutung. Diese Festlegung – wenn sie langfristig hält – wird zwangsläufig zu größeren Anstrengungen beim Stromsparen und einem EU-weiten Ausbau der Erneuerbaren Energien führen, auch wenn es in diesen Punkten für die Nationalstaaten keine bindenden Verpflichtungen gibt.
Aus der Sicht von Klimaschützern mag es enttäuschend sein, dass es der Brüsseler Kompromiss Polen langfristig auch weiterhin erlaubt, sich bei der Stromerzeugung auf die Kohle zu verlassen. Aber ein wenig bewegt hat sich die neue polnische Ministerpräsidentin Ewa Kopacz im Sinne der Umweltschützer doch. Für ihr Einlenken im Streit mit den Staaten der „alten“ EU, die stärker als die Osteueropäer auf Atomstrom und Erneuerbare setzen, hat Kopacz einen Preis verlangt. Ihrem Land winken jetzt Ausgleichszahlungen zwischen 2013 und 2019 in Höhe von rund drei Milliarden Euro. Zugegeben: Auch beim Klimaschutz herrscht in der EU Basar-Mentalität. Aber immerhin: Die Union hat sich bewegt.