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Über Jamaika will Christian Lindner nicht reden, er beschäftigt sich lieber mit der Zukunft.
© AFP/Tobias Schwarz

Christian Lindner beim FDP-Parteitag: „Und nun schauen wir nach vorn“

Beim Parteitag der FDP in Berlin ist von der gescheiterten Regierungsbildung keine Rede mehr. Christian Lindner will jetzt die Partei stabilisieren. Zu einer „zweistelligen Kraft“.

Von Antje Sirleschtov

Über Jamaika will die FDP, will ihr Chef Christian Lindner, nicht mehr reden. Zwei Tage lang trifft sich an diesem Wochenende die Partei in Berlin, um eine politische Standortbestimmung vorzunehmen. Und wie immer steht im Zentrum die Rede des Vorsitzenden. Hinter dem Rednerpult eine peppig gelbe Wand, an der ein kleiner Raumfahrer umherdüst. „Innovation Nation“ : So heißt das Motto des Parteitages. „Wir müssen aufpassen“, ruft Lindner den rund 600 Delegierten zu, „dass wir nicht den Anschluss an die Welt verlieren“. Deutschland, das ist der Grundsound des FDP-Meetings, ist zu bürokratisch, zu verschlafen, zu selbstgefällig. Und die FDP hat die richtigen Pläne in der Schublade, um das zu ändern.

Doch zunächst: „Auftrag ausgeführt“, ruft Lindner den Jubelnden zu. Es ist das erste Treffen der Liberalen seit dem Wiedereinzug in den Bundestag. Vier Jahre lang hatten Christian Lindner und seine Führungscrew an der Neuaufstellung der FDP gearbeitet. Manche sagen, er hat die Partei nicht nur personell neu aufgestellt, sondern sie auch von ihrem verstaubten Image einer Steuersenkungs- und Apothekerpartei befreit. Andere hingegen finden, die FDP des Christian Lindner unterscheidet sich von der des Guido Westerwelle vor allem darin, dass sie mit flotteren Sprüchen und poppigen Marketingideen aufwartet. Bildungspolitik heißt neuerdings „Weltbeste Bildung“, Arbeitsmarktpolitik „Vorankommen durch eigene Leistung“. Und das Gesicht der FDP ist der 39-jährige Vorsitzende, telegen, fotogen, nie um einen markigen Satz verlegen. Im vergangenen Herbst gaben 10,7 Prozent der Wähler dieser Partei ihre Stimme und zum ersten Mal in der deutschen Geschichte gelang einer Partei, die aus dem Parlament gewählt wurde, die Rückkehr dahin. An diesem Samstag feierten sich in Berlin die Liberalen noch einmal dafür. Nur wenige hatten das für möglich gehalten. „Wir haben es geschafft“, sagt Lindner unter dem ausgelassenen Beifall der Parteifreunde im Saal.

An Jamaika will niemand erinnert werden

Geschafft hat er es, und zwar so überzeugend, dass Lindner auch gleich von Union und Grünen an den Verhandlungstisch zur Bildung einer Jamaika-Koalition zu bilden. Vier Wochen wurde sondiert und gestritten. Dann schmiss Lindner in einer Nacht- und Nebel-Aktion die Brocken ist. „Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren“, war sein Glaubwürdigkeitsargument. Der Rest ist jüngere Geschichte: Die einen zollten ihm Respekt dafür, dass er sich politisch nicht verbiegen wollte, nur um mit in der Regierung zu sitzen. Die anderen fanden das unverantwortlich. Keine Regierung und vor allem: Keine Chance, liberale Politik umzusetzen.

An diesem Wochenende will niemand daran noch erinnert werden. Nur auf einen „riskanten und harten Weg“ wies Lindner hin, dann blickte er nach vorn. Sollen sich andere an der Vergangenheit der FDP reiben; „wir beschäftigen uns mit der Zukunft, mit den Problemen des Landes“ sagt Linder und: „nun schauen wir nach vorn“.  Der Auftrag des Vorsitzenden lautet denn auch: Nach dem Comeback müssen die Wachstumskräfte der FDP nun gestärkt werden. Eine „zweistellige liberale Kraft“ will Lindner überall  in Deutschland werden. Um dahin zu kommen, will er „das programmatische Profil schärfen“, mehr Interesse bei Frauen und in Ostdeutschland wecken. „Nach der Erneuerung der FDP ist vor der Erneuerung der FDP“.

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