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An der Front. Außenminister Heiko Maas verschaffte sich persönlich einen Eindruck von der Situation in der Konfliktregion.
© imago/Xander Heinl

Minsker Abkommen: Ukraine-Gespräche werden in Berlin wiederbelebt

Außenminister Maas besucht die Frontlinie im Osten der Ukraine. Er verspricht der Regierung in Kiew Hilfe zur Lösung des militärischen Konflikts.

Nach mehr als 16 Monaten Stillstand werden am 11. Juni die Gespräche zwischen Russland und der Ukraine über eine Konfliktlösung in der Ostukraine wieder aufgenommen. Die Außenminister beider Länder treffen sich im sogenannten Normandie-Format mit ihren Kollegen aus Deutschland und Frankreich als Vermittler in Berlin. Das gaben Bundesaußenminister Heiko Maas und sein ukrainischer Amtskollege Pawel Klimkin am Freitag bei einem Besuch des ostukrainischen Konfliktgebiets bekannt. Hauptthema der Gespräche in Berlin soll eine Friedensmission der Vereinten Nationen sein.

Maas betonte, dass Deutschland in dem seit vier Jahren laufenden Konflikt zwischen ukrainischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten an der Seite der Ukraine stehe. „Wir werden euch nicht alleine lassen, wenn es um die Lösung dieses Konfliktes hier im Osten geht“, sagte er.

Das Minsker Friedensabkommen für die Ostukraine von 2015 ist bisher kaum umgesetzt. Eine UN-Friedensmission in der Ostukraine ist seit Längerem im Gespräch. Die Vorstellungen Russlands und der Ukraine gehen aber weit auseinander. Russland will nur eine kleine Schutztruppe für die derzeit rund 600 internationalen Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Ostukraine. Die Ukraine wünscht sich, dass die Blauhelmtruppe im gesamten Konfliktgebiet die Kämpfe unterbindet.

Zunehmende Gewalt

Klimkin und Maas besuchten am Nachmittag gemeinsam die Frontlinie beim Dorf Schyrokyne. Der 2014 und 2015 heftig umkämpfte Ort wird heute von ukrainischen Truppen kontrolliert. Maas war nach Frank-Walter Steinmeier 2016 der zweite deutsche Außenminister, der sich ein eigenes Bild von der Front in dem umkämpften Gebiet macht.

Die OSZE-Beobachter in dem umkämpften Gebiet beklagen zunehmende Gewalt zwischen den Konfliktparteien. „Mitte Mai haben wir die größte Anzahl von Waffenstillstandsverletzungen in diesem Jahr gesehen“, sagte der Vizechef der OSZE-Beobachtermission, Alexander Hug. Im Mai registrierte die OSZE mehr als 27.000 Waffenstillstandsverletzungen im Vergleich zu nur 18.000 im April. Insgesamt waren es seit Anfang des Jahres bereits 115.000.

Klimkin rechtfertigte bei seinem Treffen mit Maas die Geheimdienst-Inszenierung des Mordes an dem Journalisten Arkadi Babtschenko. „Ohne diese Maßnahmen wäre es unmöglich gewesen, weitere Morde zu verhindern“, sagte er. Die Bundesregierung forderte die Ukraine am Freitag zu umfassender Aufklärung auf. Die Behörden müssten ihre schwerwiegenden Vorwürfe mit plausiblen Beweisen untermauern, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Neue Details zum inszenierten Mord

Der ukrainische Generalstaatsanwalt Juri Luzenko gab in einer TV-Sendung weitere Details der Operation des Geheimdienstes bekannt. Demnach seien „bis zu zehn Personen“ in das Szenario eingeweiht gewesen, darunter in der Schlussphase auch Staatspräsident Petro Poroschenko. Regierungschef Wolodimir Groisman und Außenminister Klimkin seien jedoch nicht einbezogen worden.

Der mutmaßliche Mittelsmann des vorgeblichen Mordkomplotts, Boris German, ist am Donnerstagabend erstmals vernommen worden. Dabei habe er eine Tatbeteiligung eingeräumt. German stellte sich in der Befragung jedoch als eine Art Doppelagent vor: Über seine Kontakte nach Russland sei der ukrainische Geheimdienst seit einem halben Jahr informiert. Die Staatsanwaltschaft wies diese Darstellung am Freitag zurück. German habe zu keinem Zeitpunkt mit ukrainischen Stellen kooperiert.

Dubiose Anschuldigungen

German sagte auch über einen Gewährsmann in Russland aus, der das Geld für einen Killer übergeben haben soll. Dieser Mann soll nach Angaben Germans für eine private Stiftung des russischen Präsidenten Wladimir Putins arbeiten. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow nannte diese Einlassungen am Freitag „Ammenmärchen“. „Solche Stiftungen existieren nicht in Russland“, fügte er hinzu. Immer wieder gibt es Spekulationen über das Vermögen Wladimir Putins. Es werde von Strohmännern in mehr oder weniger fingierten Stiftungen verwaltet, heißt es. Bewiesen wurde das bisher nicht.

Die ukrainische Staatsanwaltschaft geht nach eigenen Angaben davon aus, dass sie das Mordkomplott gegen Babtschenko frühestens in einem halben Jahr zur Anklage bringen kann. (mit dpa)

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