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Präsident Poroschenko in Kampfgräben nahe Mariupol. Die Auseinandersetzungen nehmen an Schärfe wieder zu.
© dpa

Schicken USA Soldaten?: Ukraine: Der Krieg kommt zurück

Die Spannungen im Donbass nehmen wieder zu. Die OSZE spricht von „immer mehr Brennpunkten“. Und Washington will offenbar bis zu 5000 US-Soldaten in Osteuropa und im Baltikum stationieren.

Steht der Donbass am Rande eines großen Kriegs? Das behauptet zumindest einer der Anführer der international nicht anerkannten „Volksrepublik Donezk“, Denis Puschilin. Auch die OSZE-Beobachter berichten von immer heftigeren Kämpfen in den besetzten Gebieten Lugansk und Donezk. „Wir zählen immer mehr Brennpunkte“, sagte der Vizechef der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine, Alexander Hug.
Die Krisendiplomatie Ost-Ukraine läuft ebenfalls auf Hochtouren. Am Wochenende telefonierte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko mit US-Vize-Präsident Joe Biden. Eine hochrangige Regierungsdelegation, angeführt von Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk, ist derzeit auf Besuch in den USA. Eigentlich sollte auf der Reise die katastrophale wirtschaftliche Lage der Ukraine besprochen werden, und Jazenjuk wollte für US-Investoren auf dem Energiesektor werben. Doch „viele Gespräche hatten die verschlechterte Sicherheitslage im Donbass zum Inhalt“, schreibt die Internetzeitung „Apostroph“.

Es wäre das erste Mal, dass die USA Kampfpanzer in neue Nato-Staaten schicken

Offenbar will Washington nun reagieren. Einem Bericht der „New York Times“ zufolge sollen bis zu 5000 US-Soldaten in Osteuropa und im Baltikum stationiert werden. Militärische Ausrüstung für je eine Kompanie aus rund 150 Soldaten soll in den drei baltischen Ländern Estland, Lettland und Litauen gelagert werden. In Polen, Rumänien, Bulgarien und möglicherweise auch in Ungarn sollen demnach Waffen für je eine Kompanie oder ein Bataillon gelagert werden, das aus rund 750 Soldaten besteht. Nach Angaben der Zeitung würden die USA damit zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges schweres Kriegsgerät wie Kampfpanzer in neueren Nato-Staaten stationieren, die früher zum Einflussgebiet der Sowjetunion gehörten. Hintergrund der Planungen sind demnach die Ukraine-Krise und die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland. Laut „New York Times“ handelt es sich zwar nur um einen Vorschlag, dem das Weiße Haus und Verteidigungsminister Ashton Carter noch zustimmen müssten. Jedoch hofft das Pentagon bis zu einem Treffen der Nato-Verteidigungsminister Ende Juni in Brüssel auf grünes Licht.

In Kiew registriert die Regierung die zunehmende Destabilisierung weiterer Landesteile im Osten und Süden des 45-Millionen-Einwohner-Landes. Die Zeitung „Ukrainiska Prawda“ schreibt, dass nicht nur die von den Separatisten besetzten Zonen in den Regionen Donezk und Lugansk wieder Kämpfe erleben, auch bisher von der Ukraine kontrollierte Gebiete drohen in den Konflikt einbezogen zu werden. Das derzeit größte Problem stellt demnach die Großstadt Mariupol dar. Seit Monaten wird ein militärischer Angriff befürchtet. Sollten die von Russland unterstützten Separatisten die Hafenstadt unter ihre Kontrolle bringen, besäße Putin einen direkten Landzugang zur Halbinsel Krim. Dort will die russische Regierung nach Medienberichten aus Russland und der Ukraine eventuell Atomwaffen stationieren.
Mariupol wurde am Freitag stundenlang beschossen, dabei zerstörten schwere Artilleriewaffen eine der Hauptgasleitungen, die für die Versorgung der Südostukraine zuständig ist. Auch die Wasserversorgung ist unterbrochen. Laut Medienberichten sollen 60 Prozent der Bevölkerung in der Großstadt ohne Wasser und Gas sein. Auch eines der größten Stahlwerke Ost-Europas – Asowstahl – ist von dem Anschlag betroffen. Wenn die Gasversorgung innerhalb der nächsten Tage nicht wiederhergestellt werden kann, muss die Anlage heruntergefahren werden, wenn nicht sogar ihren Betrieb ganz einstellen. Das Unternehmen gehört zur Firmengruppe Metinvest des Oligarchen Rinat Achmetow und beschäftigte vor Ausbruch der Kämpfe 13.000 Mitarbeiter.

Wasser wird es wohl längere Zeit nur aus Tanklastwagen geben

Am Samstag reisten Innenminister Arsen Awakow und der Chef des Nationalen Sicherheitsrates, Alexander Turtschinow, nach Mariupol, um sich einen Überblick über die Lage vor Ort zu verschaffen. Zwar versprechen sie den Einwohnern Mariupols, „nichts unversucht zu lassen, um die Schäden an den Pipelines zu beheben“, doch die Menschen werden sich wohl darauf einstellen müssen, für längere Zeit Wasser aus Tanklastwagen zu bekommen. Aufgrund der heftigen Kämpfe ist es bisher noch nicht einmal gelungen, Techniker zu den zerstörten Leitungen zu schicken. Wann die Schäden repariert werden können, ist ebenfalls unklar. Währenddessen verschlimmert sich die Versorgungslage der Menschen in den besetzten Städten. Und Rebellen-Anführer Denis Puschilin, Unterhändler für die „Volksrepublik Donezk“ bei der OSZE-Kontaktgruppe, warnt in einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur Ria vor dem Ausbruch eines „großen Krieges“. Seiner Meinung nach werden die Auseinandersetzungen in der Ost-Ukraine noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern. „Der Aufstand im Donbass ist keine interne ukrainische Angelegenheit, sondern international, wie die Konflikte in Syrien und dem Jemen“, sagte er.

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