Heiko Maas in Israel: "Überall in unserer Gesellschaft gibt es Rassismus"
In Israel schildert Außenminister Heiko Maas mit sehr persönlichen Worten, wie er seine eigenen Lehren aus der Geschichte gezogen hat. Und er wird mit heiklen Themen konfrontiert.
Heiko Maas (SPD) hat bei seinem ersten Israel-Besuch als Außenminister klare Schwerpunkte gesetzt: Immer wieder betonte er im Laufe der zweitägigen Reise die besondere deutsch-israelische Freundschaft, sprach von der Schoah und der daraus erwachsenden Verantwortung Deutschlands sowie dem Kampf gegen den Antisemitismus in der heutigen Zeit.
Am Montagvormittag traf Maas bei der Organisation Amcha mit Holocaustüberlebenden zusammen. Amcha bietet psychologische Hilfe für Überlebende und deren Angehörige. Dort wurde Maas sehr persönlich. Er erzählte, wie er zum ersten Mal in der Schule vom Holocaust gehört habe, aber auf die Frage, wie ein ganzes Land das zulassen konnte, keine Antworten gefunden habe. Er schilderte, wie er seine eigenen Lehren aus der Vergangenheit gezogen habe: „Man muss heute beweisen, dass man etwas aus der Geschichte gelernt hat, auf der Straße, am Arbeitsplatz, im Fußballverein, wo auch immer. Überall in unserer Gesellschaft gibt es Rassismus, es gibt auch zu viel Antisemitismus in Deutschland.“
Am Tag zuvor hatte Maas die Holocaustgedenkstätte Yad Vashem in Begleitung der ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, besucht. Am Sonntag traf er mit dem israelischen Präsidenten Reuven Rivlin zusammen, am Montag mit Regierungschef Benjamin Netanjahu sowie auf palästinensischer Seite mit Präsident Mahmud Abbas und Außenminister Riyad al Malki.
Um die heiklen politischen Themen kam der SPD-Politiker dabei nicht herum, dazu zählen Israels Siedlungspolitik, eine Friedenslösung sowie der Iran-Nukleardeal. Denn neben der besonderen Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel hat die neue Regierung im Koalitionsvertrag erstmals auch die Ablehnung der Siedlungspolitik festgeschrieben: Sie widerspreche geltendem Völkerrecht und erschwere eine Zweistaatenlösung.
Trotz dieser Meinungsunterschiede sicherte Maas Israel die Solidarität Deutschlands zu. „Der Platz Deutschlands wird bei all diesen Fragen immer an der Seite Israels sein“, sagte er bei seinem Treffen mit Netanjahu. Der israelische Premier sagte: „Wir teilen das Interesse vieler in der Region, die atomare Aufrüstung Irans zu verhindern und die Flut der iranischen Aggression zu stoppen, die ein Tsunami in unserer Region ist.“
US-Präsident Trump hat gedroht, das Abkommen aufzukündigen. Israel lehnt es ab, Deutschland verteidigt es. Das Abkommen soll Iran am Bau von Atomwaffen hindern. Maas sagte zu den Streitthemen: „Ich glaube, dass wir in den Zielvorstellungen nahezu überall übereinstimmen.“ Es gebe aber Unterschiede auf dem Weg dorthin.
Zur Zweistaatenlösung sagte Maas, Deutschland befürworte sie nach wie vor. Nur so könne das Selbstbestimmungsrecht der Völker gewährleistet werden. Es müsse aber in den Palästinensergebieten und in Israel eine gesellschaftliche Mehrheit für eine Lösung geben. „Ich stelle aber fest: Es ist nicht einfacher geworden.“ (mit dpa)