Terror in Norwegen: TV: Attentäter aus der Luft mit Tränengas betäubt
Wie das norwegische Fernsehen berichtet, ist der Attentäter von Antiterror-Spezialisten aus der Luft angegriffen und mit Tränengas betäubt worden. Die Polizei wollte zunächst nichts zu den Umständen der Festnahme sagen.
Der mutmaßliche norwegische Attentäter ist nach offiziell unbestätigten Angaben von Antiterror-Spezialisten aus der Luft angegriffen und mit Tränengas betäubt worden. Der TV-Sender NRK berief sich am Samstag auf „Polizeikreise“ mit entsprechenden Angaben.
Die Spezialeinheit soll am Vortag sofort nach den ersten Meldungen über Schüsse per Hubschrauber zu der 40 Kilometer entfernten Insel Utoya geflogen sein. Die Polizei wollte nichts über die Umstände der Festnahme des als rechtsradikal eingestuften Norwegers mitteilen. Er wurde festgenommen und nach Oslo gebracht.
Im Sender NRK wurden Videobilder mit dem als Polizisten verkleideten 32-Jährigen gezeigt, wie er vor der Festnahme eine Pistole auf einen am Boden liegenden Jugendlichen richtet. Daneben liegen direkt am Wasser mehrere Verletzte oder Tote.
Die Zeitung "Verdens Gang" zitierte einen Freund des Mannes mit den Worten, Breivik sei vor einigen Jahren zum Rechtsextremisten und habe in Internetforen nationalistische Ansichten vertreten. Auf seiner mittlerweile gesperrten Facebook-Seite hatte Breivik angegeben, sich für Bodybuilding, konservative Politik und Freimaurerei zu interessieren. Am 17. Juli hinterließ der 32-Jährige in seinem Twitter-Account folgende Botschaft: "Eine einzelne Person mit einer Überzeugung ist so mächtig wie Hunderttausende, die nur Interessen verfolgen."
Die norwegische Polizei sucht nach einem möglichen zweiten Täter bei den Anschlägen vom Freitag. Das berichteten der TV-Sender NRK und die Nachrichtenagentur NTB unter Berufung auf die Polizei. Als Hintergrund wurden die Angaben von Augenzeugen genannt.
Nur wenige Stunden nach der Explosion in der Osloer Innenstadt betrat Breivik nach bisherigen Ermittlungsergebnissen in Polizeiuniform und bewaffnet die kleine Insel Utöya. Er hatte angegeben, wegen des Anschlags in Oslo die Sicherheit überprüfen zu wollen. "Wir waren alle im Haupthaus, um die Ereignisse in Oslo zu besprechen", berichtete die 16 Jahre alte Hana. "Plötzlich hörten wir Schüsse. Wir dachten zuerst an einen Streich. Dann aber begann jeder wegzulaufen", sagte sie der Zeitung "Aftenposten". Sie habe einen Polizisten gesehen. Der habe gesagt "Ich werde jeden kriegen" und habe angefangen zu schießen. "Wir rannten dann zum See und schwammen los." Was sich in den nächsten Minuten auf der Insel abspielte, ist kaum vorstellbar: Überlebende berichteten von Panik. Einige versuchten, sich in Gebäuden zu verstecken.
Andere rannten in die den Wald oder kletterte auf Bäume. "Wir fielen und stolperten durch Büsche und über große Steine", schrieb eine Überlebende später in ihrem Internet-Blog. "Ich habe viele Schrammen." Als die Schüsse näher gekommen seien, sei sie ins kalte Wasser gesprungen und später von einem Boot gerettet worden. Auch dort habe sie sich noch nicht sicher gefühlt.
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Der Überlebende Jorgen Benone berichtete: "Ich sah, wie Leute erschossen wurden. Ich versuchte so still zu kauern wie möglich. Ich hatte mich hinter ein paar Steinen versteckt. Ich sah ihn einmal, 20 bis 30 Meter von mir entfernt." Er fürchte, dieses Grauen werde ihn nie mehr loslassen, sagte Benone. Später habe er einige Boote gesehen, aber nicht gewusst, ob er den Insassen trauen könne. "Ich wusste nicht, wem ich überhaupt noch trauen konnte." Die Anwohnerin Anita Lien, die auf der der Insel gegenüber liegenden Seeseite wohnt, berichtete: "Ich sah Leute ins Wasser springen, rund 50 versuchten das Ufer zu erreichen. Sie schrien, winkten, sie waren panisch. Die meisten seien jung gewesen, zwischen 14 und 19 Jahre alt. Später fand die Polizei nicht detonierten Sprengstoff auf der Insel, der wahrscheinlich dem Attentäter gehörte.
Internet-Einträge des mutmaßlichen Täters offenbarten einen "christlichen Fundamentalismus", sagte ein Vertreter der Osloer Polizei am Samstag. Außerdem vertrete er "rechte" politische Überzeugungen. Die Polizei macht nach eigenen Angaben einen Mann für beide Taten verantwortlich. Dafür seien "Gründe gefunden" worden, weitere Festnahmen seien dennoch nicht ausgeschlossen, sagte der Beamte. Bereits am Freitag hatte die Polizei die Festnahme eines 32-Jährigen bekannt gegeben. Bei dem Täter handelt es sich mutmaßlich um den Norweger Anders Behring Breivik.
Der norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg hat das mutmaßliche Doppelattentat in Oslo und auf Utoya mit mindestens 91 Todesopfern als "nationale Tragödie" bezeichnet. "Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg ist unser Land von einem Verbrechen dieses Ausmaßes getroffen worden", sagte Stoltenberg bei einer Pressekonferenz am Samstagmorgen. Es sei allerdings noch "zu früh, um die Motive und Gründe hinter den Angriffen zu kommentieren". Norwegen habe Probleme mit Rechtsextremen. "Aber verglichen mit anderen Ländern würde ich nicht sagen, dass wir ein großes Problem mit ihnen haben." Der norwegische Justizminister Knut Storberget sagte bei der Pressekonferenz, es gebe derzeit keinen Grund, die Bedrohungslage für Norwegen neu einzustufen.
Die Zahl der Todesopfer gab der Polizeibeamte nun mit mindestens 91 an. Bei dem bewaffneten Angriff auf ein politisches Sommercamp auf der Fjordinsel Utoya mit etwa 600 jugendlichen Teilnehmern seien am Freitag mindestens 84 Menschen ums Leben gekommen, sagte er. Bei einer schweren Bombenexplosion im Osloer Regierungsviertel kurz zuvor waren sieben Menschen getötet worden.
Die Ermittler hatten in der Nacht die Wohnung des Verdächtigen in Oslo durchsucht. Dem Fernsehsender TV2 zufolge soll der 32-Jährige Kontakte zur rechten Szene unterhalten haben. Auf seinen Namen seien zwei Waffen gemeldet, darunter ein automatisches Gewehr. Nach Informationen von NRK distanzierte er sich allerdings von Neonazis.
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Norwegische Medien gaben den Namen des Verdächtigen mit Anders B. B. an. Auf dessen Facebook-Seite ist ein Mann mit blonden Haaren zu sehen. Er beschreibt sich als "konservativ" und "christlich". Er sei der Leiter eines Bio-Bauernhofs, Junggeselle und interessiere sich für die Jagd sowie für Computer-Kriegsspiele wie "World of Warcraft" und "Modern Warfare 2". Die einzige Twitter-Nachricht, die von dem Konto mit dem genannten Namen verschickt wurde, stammt vom 17. Juli und ist ein Zitat des englischen Philosophen John Stuart Mill, wonach ein Mensch mit Überzeugung stärker ist als 100.000 Menschen, die nur ihre eigenen Interessen vertreten.
Der mutmaßliche Täter hatte sich in einem Dorf als Gemüsebauer niedergelassen. Er habe dort auch ein Laboratorium zur Sprengstoffherstellung eingerichtet, das von der Polizei in der Nacht zum Sonntag untersucht worden sei, berichtete ein norwegischer Journalist. Eine Handelskette für landwirtschaftlichen Bedarf teilte mit, der Mann habe am 4. Mai sechs Tonnen Dünger gekauft. Die Menge sei für einen solchen landwirtschaftlichen Betrieb nicht ungewöhnlich. Dünger kann aber auch zur Herstellung von Sprengstoff verwendet werden. Der letzte rechtsextreme Anschlag einer dermaßen großen Dimension wurde 1995 in der US-Stadt Oklahoma ausgeführt. Damals kamen 168 ums Leben, als Timothy McVeigh den Sprengstoff in einem Laster vor einem Regierungsgebäude zündete.
Stoltenberg verwies auf "die Angst, das Blut und den Tod", mit denen die jugendlichen Teilnehmer des Sommercamps auf Utoya konfrontiert gewesen seien. "Das ist ein Albtraum", sagte der Regierungschef. Ihn schmerze der Angriff umso mehr, als er Utoya seit 1974 jedes Jahr besucht habe. "Ich habe dort Freude, Engagement und Sicherheit erfahren", sagte Stoltenberg. Nun habe sich in dem Sommerlager "eine brutale Gewalt ereignet und ein Paradies der Jugend wurde in wenigen Stunden zur Hölle". Die Flaggen im Land würden nun auf Halbmast gesetzt.
Am Samstagnachmittag besuchte Stoltenberg ebenso wie König Harald, dessen Frau und Kronprinz Haakon Überlebende und deren Angehörige, die vorübergehend in einem Hotel nahe der Insel Utöya untergebracht waren. Er habe einige der Opfer persönlich gekannt, sagte der Regierungschef tief betroffen. Die ganze Welt sei in Gedanken bei ihren Angehörigen und den Überlebenden.
In der Nähe des norwegischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg laut einem Medienbericht ein Mann mit einem Messer festgenommen worden. Der junge Mann sei auf dem Gelände, auf dem die Überlebenden des Angriffs von Utoya versammelt waren, mit einem Messer in der Tasche gefasst worden, berichtete der öffentlich-rechtliche Fernsehsender NRK am Samstag. Kurz zuvor sei Regierungschef Stoltenberg dort zu einem Besuch eingetroffen.
Der Festgenommene habe angegeben, er habe das Messer bei sich getragen, weil er sich nicht sicher gefühlt habe, berichtete eine NRK-Journalistin, die in der Nähe des Hotels war, in dem sich die Jugendcamp-Teilnehmer aufhielten. Außerdem habe er versichert, dass er der Arbeiterjugend angehöre, die das Camp veranstaltete. Die Polizei war zunächst nicht zu einer Stellungnahme zu erreichen.
Der Regierungschef will nach eigenen Worten weiter auf die freiheitlichen Werte seines Landes setzen. Norwegen sei "eine offene Gesellschaft, es ist eine sichere Gesellschaft, wo man eine politische Debatte führen kann, ohne bedroht zu werden". Die Regierung werde nun reagieren, damit diese Werte nicht ihn Gefahr gerieten.
Teilnehmer des Sommercamps auf Utoya berichteten, der Angreifer habe sie als Polizist verkleidet angelockt. Er habe gesagt: "Kommt zu mir, ich habe wichtige Informationen, kommt zu mir, es besteht keine Gefahr", sagte die 15-jährige Elise nach Angaben der Nachrichtenagentur NTB. Dann habe er geschossen. "Die Leute rannten überall wie die Verrückten. Er schoss, er schoss", berichtete das Mädchen. (AFP,dpa)
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