Vor EU-Gipfel zu Juncker-Nachfolge: Tusk schlägt Sozialdemokraten als EU-Kommissionschef vor
Rund einen Monat nach der Wahl wollen die EU-Parlamentarier einen neuen Kommissionschef bestimmen. Als "Hauptvariante" gilt Sozialdemokrat Frans Timmermanns.
EU-Ratschef Donald Tusk hat erstmals ein mögliches Personalpaket für die EU-Spitzenposten vorgelegt: Demnach soll der Posten des EU-Kommissionschefs nicht an den CSU-Politiker Manfred Weber, sondern an einen Sozialdemokraten gehen. Das sei der Ausgangspunkt der Verhandlungen vor dem EU-Sondergipfel am Sonntagabend, sagten EU-Abgeordnete nach einem Treffen mit Tusk.
Vor dem Sondergipfel haben Parlament und Mitgliedstaaten intensive Vorgespräche geführt. Tusk traf am Sonntagvormittag in Brüssel zunächst Vertreter der liberalen Fraktion im Europaparlament und den sozialistischen spanischen Regierungschef Pedro Sánchez. Am Mittag traf Tusk die Fraktionen aus dem EU-Parlament und Parlamentspräsident Antonio Tajani. Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen einen Monat nach der Europawahl bei einem Sondertreffen am Abend über die Neubesetzung von mindestens drei EU-Spitzenposten entscheiden. Dabei geht es neben dem Posten des Kommissionschefs auch um die Ämter des EU-Ratspräsidenten und des Außenbeauftragten.
CSU-Politiker Manfred Weber erhob Anspruch
Auf die Nachfolge von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte bisher der CSU-Politiker Manfred Weber Anspruch erhoben, dessen konservative Europäische Volkspartei (EVP) erneut stärkste Kraft im EU-Parlament wurde. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und andere liberale Regierungschefs sind aber strikt gegen Weber.
Damit stiegen die Chancen, dass der sozialdemokratische Spitzenkandidat bei der Europawahl, Frans Timmermans aus den Niederlanden, zum Zuge kommt. Dies ist laut Diplomaten die "Hauptvariante" der diskutierten Szenarien für den Gipfel.
Weber könnte nach Angaben aus Verhandlungskreisen als Ausgleich der Posten des Parlamentspräsidenten angeboten werden - möglicherweise für zwei Amtszeiten, also fünf Jahre. Alternativ ist auch ein Posten als erster Vize-Präsident der Kommission im Gespräch.
Die osteuropäischen Visegrad-Länder Polen, Ungarn, Slowakei und Tschechien sind allerdings strikt gegen Timmermans, der als bisheriger Stellvertreter Junckers für Rechtsstaatsverfahren gegen Warschau und Budapest zuständig war. Auch die populistische Regierung in Italien hat sich gegen Timmermans ausgesprochen. (dpa, AFP)