Nach Putschversuch: Türkei verbietet Akademikern Dienstreisen ins Ausland
Nach der Welle von "Säuberungen" in Militär, Justiz und Polizei trifft es jetzt die Hochschulen. 1500 Dekane wurden am Dienstag entlassen. Einen Tag danach wird Mitarbeitern staatlicher Unis die Ausreise verboten.
Nach dem Putschversuch in der Türkei hat der türkische Hochschulrat Dienstreisen des gesamten Lehrpersonals ins Ausland untersagt. Lehrpersonal im Ausland ohne zwingenden Aufenthaltsgrund werde aufgefordert, baldmöglichst in die Türkei zurückzukehren, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwoch. Staatliche und private Universitäten sollten Mitarbeiter aus dem Lehrkörper überprüfen, ob sie Verbindungen zur Bewegung des Predigers Fethullah Gülen haben, und gegebenenfalls dem Hochschulrat melden.
Das gelte auch für ausländisches Lehrpersonal. Aus Regierungskreisen hieß es, es handele sich um eine vorübergehende Maßnahme. Damit solle die Flucht von „angeblichen Komplizen der Umstürzler in Universitäten“ verhindert werden. „Bestimmte Einzelpersonen“ würden verdächtigt, in Kontakt mit den Putschisten aus den Reihen der Streitkräfte gestanden zu haben. Die Türkei macht den in den USA lebenden Prediger Gülen für den Putschversuch vom Freitag mit mehr als 260 Toten verantwortlich. Seitdem wurden Zehntausende Staatsbedienstete vom Dienst suspendiert.
Rund 1500 Entlassungen
Am Dienstag hatte die Verwaltung die Demission von 1577 Dekanen an allen Universitäten des Landes angeordnet. Zudem forderte sie knapp 1600 Dekane privater und staatlicher Universitäten zum Rücktritt auf.
Seit dem Putschversuch am Freitag hat die Regierung etwa 50.000 Soldaten, Polizisten, Richter und Lehrer festgenommen oder suspendiert. Zudem sperrte das Amt für Telekommunikation am Mittwoch den Zugang zu WikiLeaks. Die Internet-Enthüllungsplattform hatte am Tag zuvor fast 300.000 E-Mails von Mitgliedern der regierenden AK-Partei veröffentlicht.
Präsident Recep Tayyip Erdogan macht für den gescheiterten Putsch Anhänger des Predigers Fethullah Gülen verantwortlich. Gülen, der im selbstgewählten Exil in den USA lebt, hat die Vorwürfe zurückgewiesen.
Am Mittwoch berät Erdogan das weitere Vorgehen mit dem nationalen Sicherheitsrat. Dabei würden wichtige Entscheidungen getroffen, hat er angekündigt. (AFP/Reuters)