Druck aus der EU zeigt Wirkung: Türkei schränkt Flüge nach Belarus ein
Die Türkei will künftig keine Flüchtlinge mehr über Istanbul nach Minsk fliegen lassen. Die EU sieht in der Ankündigung Fortschritte in der Krise.
Der Druck aus der EU zeigt erste Wirkung: Die Türkei lässt Personen aus Syrien, dem Irak und dem Jemen von ihrem Staatsgebiet aus nicht mehr nach Belarus fliegen. Mit dieser Entscheidung wollte die Regierung in Ankara offenbar verhindern, dass die Europäische Union Sanktionen gegen die Fluggesellschaft Turkish Airlines verhängt.
Denn mit deren Maschinen reisen seit Wochen zahlreiche Iraker und Syrer nach Minsk, um von dort mit Unterstützung belarussischer Sicherheitskräfte in die EU zu gelangen. In den vergangenen Tagen spitzte sich die Lage im Grenzgebiet zu Polen dramatisch zu. Trotz eisiger Temperaturen müssen die Flüchtlinge auf der belarussischen Seite der Grenze im Freien kampieren.
Mit der Entscheidung der Türkei kann nun auch die staatliche belarussische Airline Belavia keine Flüchtlinge aus dem Nahen Osten mehr über Istanbul nach Minsk fliegen. In der EU waren zuvor Forderungen laut geworden, neben Belavia sowohl Turkish Airlines als auch die russische Gesellschaft Aeroflot zu sanktionieren, weil sie sich, so der Vorwurf, de facto an der Schleusung von Flüchtlingen beteiligten.
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Doch während die Türkei nun einlenkte, waren ähnliche Signale aus Moskau nicht zu erwarten. Die staatliche russische Fluggesellschaft Aeroflot bestritt vielmehr eine Beteiligung am Transport von Flüchtlingen nach Belarus, und auch der Kreml wies eine russische Rolle in diesem Konflikt zurück. Russland ist der wichtigste Unterstützer des belarussischen Regimes von Machthaber Alexander Lukaschenko.
Maas kündigt Sanktionen gegen weitere Personen aus Belarus an
Wenn die EU-Außenminister am Montag zusammenkommen, wollen sie wegen der vom Regime in Minsk herbeigeführten Flüchtlingskrise an der Grenze zu Polen neue Strafmaßnahmen gegen Belarus beschließen. Die Außenminister würden „Sanktionen auf Personen erweitern, die mittelbar oder unmittelbar diese Schleusungen unterstützen“, sagte der geschäftsführende Außenminister Heiko Maas (SPD) der „Rheinischen Post“. Es solle bald eine umfangreiche Liste von Einzelpersonen geben, die sanktioniert würden. Auf Strafmaßnahmen gegen Fluggesellschaften außerhalb von Belarus werden die EU-Außenminister nun möglicherweise verzichten.
[„Lukaschenko reagiert nur auf Druck“ – die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja im Interview (T+)]
Maas betonte, es würden Gespräche mit den Airlines geführt. Die EU-Kommission setzt zugleich auf Gespräche mit den Herkunfts- und Transitländern der Flüchtlinge. Der Vizepräsident der Kommission, Margaritis Schinas, war am Freitag zu Gesprächen in Libanon, am Donnerstag hatte er die Vereinigten Arabischen Emirate besucht. Es gebe „Fortschritt an allen Fronten“, sagte Schinas in Beirut. Europa zähle gerade in gewisser Weise seine Freunde. „Und wir sind sehr froh, dass wir viele haben.“
Gemeinsames Militärmanöver von Belarus und Russland
Belarus und Russland begannen in der Nähe der polnischen Grenze demonstrativ ein Militärmanöver. Eine „gemeinsame taktische Bataillonsgruppe“ mit Fallschirmjägern aus beiden Staaten halte in der Region Grodno Übungen ab, wie das Verteidigungsministerium in Minsk mitteilte. In Moskau hieß es, mit dem Manöver solle die „Gefechtsbereitschaft“ überprüft werden. Zuvor hatte Polen wegen der Spannungen 15 000 Soldaten in der Region stationiert.
Weniger einig zeigten sich Moskau und Minsk allerdings in der Frage der Gaslieferungen. Lukaschenko hatte der EU am Donnerstag mit einem Lieferstopp gedroht, falls die Europäer neue Sanktionen verhängen sollten. Durch Belarus verläuft die Jamal-Pipeline. Der Kreml versprach am Freitag dagegen „zuverlässige Lieferungen“.