Protest im Kohlerevier: Tunnelsysteme im Hambacher Forst?
Die "Rheinische Post" berichtet von Polizeidokumenten über Tunnelsysteme im Hambacher Forst. Die Polizei Aachen sagt jetzt, sie habe davon keine Kenntnisse.
Im Hambacher Forst, der zum Symbol für den Kampf von Umweltschützern gegen die Kohleverstromung geworden ist, haben Aktivisten mit einem "Wochenende des Widerstands" gegen die Abholzungspläne des Energiekonzerns RWE begonnen. Am Samstag war die Lage aber zunächst ruhig, wie ein Polizeisprecher in Aachen sagte. Die in Düsseldorf erscheinende "Rheinische Post" berichtete, dass in dem Waldgebiet ein ausgeklügeltes Tunnelsystem entdeckt worden sei - die zuständige Aachener Polizei hat jetzt bekannt gegeben, dass sie davon keine Erkenntnisse habe.
Im Hambacher Forst will RWE ab Oktober 100 Hektar Wald roden, um einen Braunkohletagebau zu vergrößern - dies sei "kurzfristig zwingend erforderlich", um die Kohleförderung aus dem Tagebau Hambach sicherzustellen, argumentiert der Konzern.
Bei Umweltschützern stößt das auf scharfe Kritik. Seit Längerem halten Aktivisten einen Teil des Gebiets besetzt. Immer wieder kommt es dabei auch zu Zusammenstößen mit der Polizei. Am Donnerstag hatte ein Bündnis der Protestinitiativen den Start einer bundesweiten Mobilisierung ab Freitag angekündigt. Die Initiative "Aktion Unterholz" rief zu einem "Wochenende des Widerstands" auf.
Die "Rheinische Post" berichtete am Samstag unter Berufung auf Polizeidokumente, Aktivisten hätten Tunnel in dem Gebiet angelegt. Diese lägen zum Teil in vier Metern Tiefe und seien über gut ausgebaute Einstiegslöcher zu erreichen.
So sei etwa am 28. August ein 60 mal 60 Zentimeter großes Erdloch an einer Wiese entdeckt worden, das in einen Tunnel Richtung Wald mündete, berichtete die Zeitung. Am selben Tag seien ganze Tunnelsysteme und Zugänge mit Beton verfüllt worden, nachdem man sich vergewissert habe, dass sich keine Menschen mehr darin aufhielten.
Die Tunnel dienten den Aktivisten "als Rückzugsort, als Schlafstätte, Versteck und vermutlich auch Schmuggelroute, um Waffen und Krawallmacher in den Forst zu bringen", zitierte die Zeitung einen leitenden Polizisten. Wie viele solcher Tunnelanlagen es gebe, wisse die Polizei nicht. Vermutet werde aber eine höhere Zahl, da die Besetzer sechs Jahre Zeit gehabt hätten, diese anzulegen.
"Die Tunnel erinnern an die unterirdischen Anlagen während des Vietnamkrieges", zitierte die "Rheinische Post" den Polizeivertreter. "Dadurch können wir wie aus dem Nichts angegriffen werden." Zudem seien im Forst auch Erdlöcher und Waffendepots gefunden worden, in denen Zwillen und Molotow-Cocktails gelagert würden.
Die Polizei Aachen wollte diese Angaben nicht kommentieren. Der dortigen Polizei lägen als einsatzführender Behörde bislang "keine Erkenntnisse über solche Tunnelsysteme" im Hambacher Forst vor. Die Angaben aus dem Bericht der "Rheinischen Post" stammten "nicht aus unserem Hause", erklärten die Aachener Polizei im Kurzbotschaftendienst Twitter.
In der Vergangenheit hatte die Polizei stets davon gesprochen, dass es im Forstgebiet Erdlöcher und Depots gebe, nicht aber Tunnelsysteme. Bei Protesten gegen Rodungen im Hambacher Forst hatte 2012 ein Umweltschützer in einem Schacht die Einsatzkräfte tagelang in Atem gehalten. Nach aufwändigen Rettungsarbeiten hatte er sich zunächst noch tiefer in einen selbstgegrabenen einsturzgefährdeten Erdbunker zurückgezogen, schließlich wurde er festgenommen.
Die nordrhein-westfälischen Grünen kündigten unterdessen an, ihren Landesparteirat am 7. Oktober in das Gebiet verlegen zu wollen. "Wir werden mit diesem Parteitag direkt am Hambacher Wald ein deutliches Signal an RWE, Landes- und Bundesregierung für einen Rodungsstopp senden", sagte die Landesvorsitzende der NRW-Grünen, Mona Neubaur, dem "Kölner Stadt-Anzeiger" vom Samstag. Die Beratungen mit rund 200 Delegierten sollen demnach in einem Zelt auf einem Grundstück der Umweltschutzorganisation BUND an der Abbaukante des Tagebaus statt wie ursprünglich geplant in der Bochumer Jahrhunderthalle abgehalten werden. (AFP)