Fall Sami A.: Tunesische Justiz will Gefährder Sami A. vorerst nicht zurückschicken
Sami A., Ex-Leibwächter Osama bin Ladens, ist nach Tunesien abgeschoben worden - obwohl ein Gericht das vorher verboten hatte. Und auch die tunesische Justiz redet ein Wörtchen mit.
Die Abschiebung des Ex-Leibwächters von Al-Kaida-Anführer Osama bin Laden nach Tunesien trotz eines gegenteiligen Urteils droht zum juristischen Tauziehen zu werden. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen erklärte die Abschiebung am Freitag für „grob rechtswidrig“. Sie „verletzt grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien“. Deshalb sei Sami A. „unverzüglich auf Kosten der Ausländerbehörde in die Bundesrepublik Deutschland zurückzuholen“. Das Flüchtlingsministerium Nordrhein-Westfalens will gegen diesen Beschluss aber zusammen mit der Ausländerbehörde der Stadt Bochum Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen.
Doch auch die tunesische Justiz will Sami A. erst einmal nicht nach Deutschland zurückschicken. „Wir haben eine souveräne Justiz, die gegen ihn ermittelt“, sagte der Sprecher der tunesischen Anti-Terror-Behörde der Deutschen Presse-Agentur am Samstag. Diese Ermittlungen müssten abgewartet werden. Der von den Sicherheitsbehörden als islamistischer Gefährder eingestufte Sami A. war am Freitagmorgen in Begleitung von Bundespolizisten mit einer Chartermaschine von Düsseldorf aus in seine Heimat geflogen worden. Am Donnerstag hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden, dass er vorerst nicht abgeschoben werden dürfe. Dies hatte das Gericht damit begründet, dass es keine Sicherheit gebe, dass Sami A. in Tunesien nicht gefoltert werde.
Das Gericht informierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) erst über seine Entscheidung, als Sami A. bereits im Flugzeug saß. Dass diese Entscheidung erst so spät an das Bamf ging, sei darauf zurückzuführen, dass alle beteiligten Behörden trotz mehrfacher Anfragen den Zeitpunkt der geplanten Abschiebung nicht bekanntgegeben hätten, teilte das Verwaltungsgericht mit.
Der Vorsitzende des Amri-Untersuchungsausschusses des Bundestags, Armin Schuster (CDU), plädierte dafür, Sami A. vorerst nicht nach Deutschland zurückzuholen. Zunächst sollte die nächste Instanz entscheiden, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“. „Da habe ich keine schlaflosen Nächte. Immerhin handelt es sich um einen ausreisepflichtigen Gefährder mit Al-Kaida-Ausbildung.“
Die Rechtsanwältinnen von Sami A. begrüßten die deutlichen Worte des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen in seiner Entscheidung zur Rückholung des Tunesiers. „Wenn Behörden sich über gerichtliche Entscheidungen hinwegsetzen, ist die Rechtssicherheit gefährdet“, sagte eine der Juristinnen, Seda Basay-Yildiz, aus Frankfurt/Main der Deutschen Presse-Agentur am Freitagabend.
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Das Flugzeug mit Sami A. an Bord landete am Freitagmorgen 8.11 Uhr Ortszeit auf dem Flughafen Enfidha bei Hammamet. Die tunesischen Behörden ermitteln nach eigenen Angaben, ob A. an „extremistischen Aktivitäten“ in Deutschland beteiligt gewesen ist. Er stehe unter Arrest, sagte ein Sprecher des tunesischen Justizministeriums. Ein Sprecher der tunesischen Anti-Terror-Behörde sagte der „Bild“-Zeitung, Sami A. werde in Tunis verhört.
Sami A. lebte seit Jahren mit Frau und Kindern in Bochum. Er war 1997 zum Studium nach Deutschland gekommen. Im Jahr 2000 soll er eine militärische Ausbildung in einem Lager der Al-Kaida in Afghanistan erhalten und zeitweise zur Leibgarde von Osama bin Laden gehört haben. Bin Laden ist der Gründer des Terrornetzwerks Al-Kaida. Er wurde 2011 in Pakistan von einem US-Kommando getötet.
Anschließend soll sich Sami A. in Deutschland als salafistischer Prediger betätigt haben. Der Tunesier hat diese Vorwürfe stets bestritten. Die Bundesanwaltschaft hatte laut Gericht gegen ihn ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, aber mangels hinreichenden Tatverdachts wieder eingestellt. (dpa)
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