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Ein Justizbeamter geht über den Flur eines Zellentrakts einer Abschiebehafteinrichtung in Darmstadt (Symbolbild).
© Arne Dedert/dpa

Gefährder Sami A.: Ex-Leibwächter Bin Ladens wird abgeschoben

Obwohl er als Gefährder gilt, war lange unklar, ob ein 42-jähriger Tunesier aus Deutschland abgeschoben werden kann. Durch einen neuen Bescheid des Bamf ist dies nun möglich.

Ein seit vielen Jahren in Deutschland lebender früherer Leibwächter des getöteten Terrorchefs Osama bin Laden ist festgenommen worden und soll abgeschoben werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) habe in einem Bescheid ein bislang anerkanntes Abschiebehindernis widerrufen, teilte ein Sprecher der Stadt Bochum mit. Die Polizei Bochum habe Sami A. am Montag festgenommen, als er seiner täglichen Meldeauflage auf einer Polizeiwache nachgekommen sei. Durch den Bescheid sei nun eine Abschiebung möglich. Die „Bild“-Zeitung hatte zuerst berichtet.

Die Abschiebung des 42-jährigen Tunesiers wird den Angaben zufolge nun von der Ausländerbehörde vorbereitet. Abschiebehaft sei beantragt, sagte der Sprecher der Stadt Bochum. Nähere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt.

Abschiebung bisher wegen drohender Folter abgelehnt

Sami A. lebt seit 2005 in Bochum. Er hat Frau und Kinder. Noch im April war er vom nordrhein-westfälischen Innenministerium aufgrund seiner terroristischen Vergangenheit als Gefährder eingestuft worden - also als Mensch, dem die Sicherheitsbehörden sogar einen Terrorakt zutrauen. Der Abschiebung stand bislang eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster vom April 2017 entgegen. Demnach drohten dem Mann bei einer Rückkehr nach Tunesien „mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung“.

Der Bamf-Bescheid steht möglicherweise im Zusammenhang mit einer kürzlich getroffenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hatte Anfang Mai die Beschwerde eines terrorverdächtigen Tunesiers gegen seine Abschiebung mit der Begründung abgelehnt, ihm drohe in seinem Heimatland nicht die Todesstrafe. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte sich der Ausweisung des Mannes nicht entgegen, so dass er am 9. Mai abgeschoben werden konnte. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte daraufhin seine Absicht bekräftigt, auch die Abschiebung von Sami A. zu erreichen.

Die Familie von Sami A. besitzt nach früheren Angaben des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen die deutsche Staatsangehörigkeit. Seit mehreren Jahren musste sich der Mann jeden Tag bei der Polizei melden. Er erhielt Geld nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Das Oberverwaltungsgericht hatte es in einem Urteil vom Mai 2015 als erwiesen angesehen, dass Sami A. Ende 1999/Anfang 2000 die Terrororganisation Al-Kaida unterstützt hat. In einem Al-Kaida-Lager in Afghanistan soll er eine militärische Ausbildung bekommen haben. Zeitweilig soll er der Leibgarde des Al-Kaida-Anführers Osama bin Laden angehört haben.

Sami A. bestritt dies und behauptete, in dem Zeitraum eine religiöse Ausbildung in Karatschi in Pakistan absolviert zu haben. Osama bin Laden wurde 2011 bei einer US-Kommandoaktion in Pakistan getötet. Er soll der Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September 2001 mit etwa 3000 Toten in New York gewesen sein.

Die Bundesanwaltschaft hatte im März 2006 ein Ermittlungsverfahren gegen Sami A. eingeleitet. Geprüft wurde der Verdacht, er könne Mitglied in einer ausländischen terroristischen Vereinigung sein. Das Verfahren wurde aber 2007 eingestellt. Der Tatverdacht konnte nicht so sehr erhärtet werden, dass es für eine Anklage gereicht hätte, hatte die Behörde damals mitgeteilt.

Sami A. war 1997 als 21-Jähriger nach Deutschland gekommen, um zu studieren, unter anderem in Krefeld. Erst studierte er Textiltechnik, später dann Technische Informatik, schließlich Elektrotechnik. In Bochum meldete er sich 2005 an. (dpa)

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