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Eisberge treiben bei Sonnenaufgang in der Nähe von Kulusuk auf dem Wasser.
© Felipe Dana/AP/dpa

US-Präsident streicht Dänemark-Besuch: Trumps Interesse an Grönland hat einen ernsten Hintergrund

Der US-Präsident sagt seine Dänemark-Reise ab, weil Grönland nicht zum Verkauf steht. Trotz Spott: Die Insel ist – nicht erst seit Trump – für die USA attraktiv.

Es gibt Nachrichten aus Washington, bei denen Beobachtern nur noch Ironie weiterzuhelfen scheint. So überschlagen sich die Kommentatoren mit Witzen, seit vor ein paar Tagen bekannt wurde, dass das Weiße Haus auf Wunsch von Präsident Donald Trump tatsächlich prüft, ob die USA Grönland von Dänemark erwerben könnten, um es zum 51.US-Bundesstaat zu machen.

Nachdem die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen auf entsprechende Meldungen mit „Grönland steht nicht zum Verkauf“ und „Ich hoffe eindringlich, dass es sich dabei um einen Scherz handelt“ reagiert hatte, erklärte die eigentlich seriöse „Washington Post“ gar, dass die Vereinigten Staaten Grönland dann eben mit Waffengewalt einnehmen müssten.

Auf Twitter finden sich unter dem Hashtag #GreenlandIsNotForSale tausende mehr oder weniger lustige Beiträge. Trump selbst trug dazu noch bei, als er Montagnacht die Fotomontage eines gigantischen goldenen Trump-Hotelturms inmitten von bunten Holzhäuschen am Meer twitterte und dazu schrieb: „Ich verspreche, das Grönland nicht anzutun.“

Am Dienstagabend (Ortszeit) kam dann der diplomatische Super-GAU: Der US-Präsident sagte einen für Anfang September geplanten Staatsbesuch in Dänemark ab. Und begründete dies tatsächlich mit dem Desinteresse des Königreichs an einem Verkauf, den er am Sonntag als einen möglichen „großen Immobiliendeal“ bezeichnet hatte: „Angesichts der Kommentare von Regierungschefin Mette Frederiksen, dass sie nicht an Gesprächen über einen Verkauf von Grönland interessiert wäre, werde ich das in zwei Wochen geplante Treffen auf einen anderen Zeitpunkt verschieben“, twitterte er. Frederiksen habe mit ihren „direkten“ Äußerungen sowohl den USA als auch Dänemark viel Aufwand erspart.

„Soll das ein Witz sein?“

Die „Washington Post“ kommentierte anschließend, Trump setzt bei Grönland nun „komplett auf Parodie“. In Dänemark schlug man rhetorisch die Hände über dem Kopf zusammen. Die ehemalige Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt twitterte: „Soll das ein Witz sein? Zutiefst beleidigend für die Menschen in Grönland und Dänemark“. Morten Ostergaard von der Sozialliberalen Partei, die an der Regierung in Kopenhagen beteiligt ist, erklärte: „Die Realität übertrifft die Vorstellungskraft – dieser Mann ist unberechenbar.“

Dabei klingt die Idee nur auf den ersten Blick wie ein Comedy-Beitrag über die Auswirkungen der Trump-Präsidentschaft. Und es ist auch nicht der erste Versuch Amerikas, die größte Insel der Welt zu erwerben, die ja zumindest geografisch gesehen zu Nordamerika gehört: Bereits 1946 wollte US-Präsident Harry Truman Grönland für 100 Millionen Dollar in Gold (heute wären das mehr als eine Milliarde Dollar) kaufen, da das Gebiet im Kalten Krieg als strategisch relevant angesehen wurde.

Unter Grönlands Eis werden viele Rohstoffe vermutet

Die Lage in der Arktis, die Nähe zu Russland und die unter dem aufgrund der globalen Erwärmung nicht mehr ganz so ewigen Eis vermuteten Bodenschätze – vor allem Öl, Gold, Kupfer, Kohle, Zink, Nickel, Platin und Uran – machen die nordöstlich von Kanada gelegene Insel auch heute geostrategisch interessant. So hatte Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow am Sonntag mit Blick auf die Insel gesagt: „Sie haben viele wertvolle Mineralien.“ Der Präsident, der ja bekanntlich „ein bisschen was vom Immobiliengeschäft“ verstehe, wolle sich das einfach mal „genauer anschauen“. Außerdem betreiben die USA im Ort Thule einen Luftwaffenstützpunkt, der Teil ihres Raketenwarnsystems ist.

Dazu kommt, dass auch der aufstrebende Rivale China Interesse an dem autonomen Gebiet hat, das zu Dänemark gehört und auf dem nur rund 56.000 Menschen leben, obwohl es mit seinen gut zwei Millionen Quadratkilometern rund sechs Mal so groß ist wie Deutschland.

Strategisch relevant. Die politisch zu Dänemark gehörende Insel in der Arktis liegt nahe an Russland.
Strategisch relevant. Die politisch zu Dänemark gehörende Insel in der Arktis liegt nahe an Russland.
© Karl Petersen/Ritzau Scanpix/dpa

Trumps Gedankenspiele haben also durchaus einen ernsthaften Hintergrund. Die überraschend „direkten“ Abwehrreaktionen des kleinen Dänemarks auf seine Avancen haben ihn dann aber offenbar so vergrätzt, dass er die Lust, sich das mal „genauer anzuschauen“, verloren hat. Oder, und auch dafür spricht einiges, er hat einfach Spaß daran, diplomatische Gepflogenheiten im Umgang mit anderen Staaten komplett zu ignorieren.

Die dänische Regierungschefin betonte ihrerseits, dass die USA einer der engsten Verbündeten Dänemarks blieben. „Ich glaube nicht, dass Dänemark und die USA eine Krise haben“, sagte die Sozialdemokratin. Sie und andere hätten sich auf den Besuch gefreut. In der Arktis sei eine engere Zusammenarbeit Dänemarks, Grönlands, der Färöer Inseln und der USA nötig, denn die Region sei wichtiger denn je. Ihr Angebot dafür stehe nach wie vor.

Interessant wird nun zu beobachten sein, wie die übrigen Etappen seiner Europareise verlaufen. Anfang August hatte das Weiße Haus mitgeteilt, dass der Präsident von Ende August bis Anfang September nach Polen (am 1.September jährt sich der Beginn des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal, Trump wird dafür in Warschau erwartet) und auf Einladung von Königin Margrethe II. nach Dänemark reisen würde.

Bereits am kommenden Wochenende wird Trump am G-7-Gipfel im französischen Biarritz teilnehmen, wo er auch auf Bundeskanzlerin Angela Merkel treffen wird. Obwohl ein bilaterales Treffen der beiden eigentlich überfällig ist, steht ein Deutschland-Besuch dagegen nicht auf Trumps Agenda. (mit dpa)

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