Weltwirtschaftsgipfel: Trumps Auftritt als Partycrasher
Davos erwartet am Freitag den US-Präsidenten: Ein Anti-Davos-Mann, den die Wirtschaft liebt - und ein Rivale von Chinas Präsident Xi.
Dies sind Festtage für Donald Trump. Schon bevor er am Donnerstag in Davos eintrifft, steht er im Mittelpunkt und liefert mit den Strafzöllen auf Solarzellen und Waschmaschinen Futter für das Rätselraten um seine Rede am Freitag – sowie Material für die widersprüchlichen Narrative. Trump tritt als erster US-Präsident seit 18 Jahren beim Weltwirtschaftsforum auf. Er wirkt wie der Gegenpol zu Bill Clinton. Dessen Botschaft 2000 – man solle den „Little Guy“, den kleinen Mann, nicht vergessen – passte zur Selbstsicht der liberalen Wirtschaftselite als Gestaltungskraft einer sozialverträglichen Globalisierung.
Trump kommt als Anti-Davos-Mann: Er kündigt internationale Abkommen, stellt den Freihandel infrage, verteidigt Protektionismus. Doch in seiner Erzählung ist er der wahre Verteidiger des „Little Guy“ in den USA, kämpft gegen „unfaire Handelsabkommen“ und wehrt sich gegen Billigimporte aus Asien, die Jobs in den USA und Europa vernichten. Der liberalen globalen Elite will er die Maske vom Gesicht reißen und ihre eigenen Widersprüche vorhalten. Die typischen Davos-Leute gäben sich nur so sozial und liberal, liebten in Wahrheit aber seine Wirtschafts- und Steuerpolitik, profitierten von der Aktienrally an den Börsen, nutzten die Investitionsanreize in den USA und die Vorteile dieses attraktiven Konsumentenmarkts.
Öffentlich kritisiert, heimlich bewundert
In der „Washington Post“ beschreibt Niall Ferguson Trump als den „hässlichen Amerikaner“, den Davos-Teilnehmer öffentlich kritisieren und heimlich bewundern. Schließlich sei er einer von ihnen. Sein Auftritt belege den Spott über das Weltwirtschaftsforum als Ort, wo Milliardäre Millionären erklärten, wie sich die Mittelschicht fühle. Es habe eben seine Gründe, dass Barack Obama, den die Davos-Leute liebten, nie habe kommen wollen.
Trump geht es zudem um eine Gegenbotschaft zu Davos 2017. Da galt Chinas Präsident Xi als die neue Hoffnung, wenn auch wohl mehr wegen der scharfen Attacken des frisch ins Amt gekommenen US-Präsidenten auf Freihandels- und Klimaabkommen und weniger, weil China bei nüchterner Analyse in der Praxis ein Vorreiter für die Bekämpfung des Klimawandels und den Freihandel wäre. Trump nimmt diese Rivalität persönlich. Er will die Nummer eins sein, und in den Augen der Welt sollen die USA die Nummer eins sein, nicht China.
Also hat er sein halbes Kabinett vorausgeschickt nach Davos, um die Wahrnehmung zu korrigieren. „America First“ bedeute nicht „America Alone“, betonen Finanzminister Steven Mnuchin und Wirtschaftsberater Gary Cohn. „America is open for business“, laute Trumps Botschaft. Er strebe Wachstumsraten über drei Prozent an. Das sei die beste Politik für den kleinen Mann. Trump wird dazu auffordern, in den USA zu investieren.
Mit innenpolitischem Rückenwind
In Trumps Welt bleiben ebenfalls Widersprüche. Handelsminister Wilbur Ross – auch er ein Milliardär, der von der liberalen Ordnung profitiert hat – verteidigt die Strafzölle gegen „Staaten, die von Freihandel reden, aber Protektionismus betreiben“. US-Medien erklären einerseits, wie die Strafzölle berechnet werden. Sie sollen lediglich den unfairen Vorteil chinesischer Exporteure ausgleichen, um die heimische Produktion zu schützen, nicht den Import generell verhindern. Bei Solarzellen sind die ersten 2,5 Gigawatt zollfrei; danach wird ein Strafzoll von 30 Prozent erhoben, der über vier Jahre auf 15 Prozent sinkt in der Erwartung, dass der Markt dann ausgeglichen sei. Andererseits rechnen diese Medien nicht damit, dass solche Maßnahmen verlorene Jobs zurückbringen. Ohnehin entfallen von den 260.000 Jobs in der Solarsparte nur 2000 auf die Produktion. Der Löwenanteil betreffe die Installation und die damit verbundenen Branchen. Zudem würden China und andere Länder Gegenzölle erheben und bei der Welthandelsorganisation WTO klagen.
Für den Moment aber hat Trump innenpolitisch Rückenwind. Die Steuerreform kann er in Davos als Erfolg vorweisen. Der Government Shutdown ist vorerst beendet. Die Konfrontation hatte ihn am vergangenen Wochenende daran gehindert, nach Florida zu reisen und den Jahrestag seiner Vereidigung mit reichen Freunden bei Fundraising-Dinnern zu feiern, Eintrittspreis 100.000 Dollar. Die Davos-Reise ist davon nicht mehr bedroht. Die Demokraten sind eingeknickt aus Furcht, dass die Schließung der Behörden ihnen bei der Kongresswahl im Herbst mehr schadet als den Republikanern, und haben ein Staatsbudget bis zum 8. Februar bewilligt. Die Chancen, ihre Ziele im Streit um die Einwanderungspolitik zu erreichen, stehen weiter nicht gut.
Christoph von Marschall