Für den Mauerbau: Trump will Nationalen Notstand an Grenze zu Mexiko ausrufen
US-Präsident Trump einen Nationalen Notstand an der US-Grenze erklären. So könnte er den Kongress bei der Finanzierung der Mauer umgehen.
US-Präsident Trump gibt im Streit um sein liebstes Wahlkampfversprechen, eine Mauer an der Grenze zu Mexiko, nicht nach. Zwar will er nun einem Kompromiss zustimmen, bei dem ihm der Kongress viel weniger Geld als gefordert bewilligt. Aber das fehlende Geld soll trotzdem fließen - durch einen höchst umstrittenen Trick.
So will der Präsident im Streit über die von ihm angestrebte Mauer nach Angaben des Weißen Hauses einen Nationalen Notstand erklären. Trumps Sprecherin Sarah Sanders teilte am Donnerstag mit, der Präsident werde zugleich ein Haushaltsgesetz unterzeichnen, das der Kongress parteiübergreifend erarbeitet hat. Es sieht deutlich weniger Mittel für den Bau der Mauer vor als von Trump gefordert. Zwar wird damit ein erneuter „Shutdown“ der US-Regierung abgewendet - der Streit um die Mauer dürfte mit der Notstandserklärung aber weiter eskalieren.
Einen landesweiten Ausnahmezustand, bei dem Gesetze oder gar Grundrechte außer Kraft gesetzt werden, bedeutet ein solcher Notstand in den USA nicht. Trump will damit den Mauerbau finanzieren, ohne die entsprechenden Mittel vom Kongress bewilligt zu bekommen. Ob das rechtens wäre ist umstritten.
Die Vorsitzende im Abgeordnetenhaus, die Demokratin Nancy Pelosi, kündigte an, man behalte sich eine Klage dagegen vor. „Es ist kein Notstand, was an der Grenze passiert.“ Pelosi, und der demokratische Fraktionschef im Senat, Chuck Schumer, teilten mit, eine Notstandserklärung wäre „eine gesetzeswidrige Handlung“ und „ein schwerwiegender Machtmissbrauch“ des Präsidenten. Der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, sagte dagegen, er unterstütze die Notstandserklärung.
"Der Präsident macht seinen Job" - sagt seine Sprecherin
Sanders sagte, man sei auf rechtliche Schritte vorbereitet, zu denen es aber gar nicht erst kommen solle. „Der Präsident macht seinen Job, der Kongress sollte seinen machen.“ Mit der Notstandserklärung wolle Trump sicherstellen, „dass wir die nationale Sicherheitskrise und humanitäre Krise an der Grenze stoppen“. Der Präsident halte damit sein Versprechen, die Mauer zu bauen und die Grenze zu schützen.
Der US-Kongress hatte am Donnerstag einen zwischen Trumps Republikanern und den Demokraten ausgehandelten Kompromiss gebilligt, mit dem eine neue Haushaltssperre verhindert werden soll. Zunächst stimmte der von den Republikanern beherrschte Senat mit einer Mehrheit von 83 zu 16 Stimmen für den Gesetzentwurf zum Staatshaushalt. Später votierten auch die Abgeordneten des von den Demokraten kontrollierten Repräsentantenhauses für den Haushaltskompromiss. 300 Abgeordnete stimmten für den Gesetzestext, 128 dagegen.
Das Gesetz sieht 1,375 Milliarden Dollar für den Bau eines Grenzwalls vor - deutlich weniger als die von Trump ursprünglich geforderten 5,7 Milliarden Dollar. Hätte Trump sein Veto gegen das Gesetz eingelegt, wäre es in der Nacht zu Samstag zu einem erneuten „Shutdown“ gekommen, also zu einem Stillstand von Teilen der US-Regierung.
Der Kongress kann theoretisch die Notstandserklärung anfechten
Der Kongress hätte theoretisch die Möglichkeit, die Notstandserklärung mit einer Resolution (Joint Resolution) anzufechten. Diese müsste von beiden Kammern verabschiedet und vom Präsidenten unterzeichnet werden. Würde Trump - wie zu erwarten wäre - sein Veto dagegen einlegen, könnte der Kongress dieses noch überstimmen. Dazu bräuchte es aber sowohl im Repräsentantenhaus, in dem die Demokraten die Mehrheit haben, als auch im von den Republikanern dominierten Senat eine Zwei-Drittel-Mehrheit.
Es gibt eine ganze Reihe von Notstandserklärungen, die immer wieder verlängert wurden. Viele davon richten sich gegen andere Länder. So fror eine Erklärung aus dem Jahr 1979 sämtliche Vermögen der iranischen Regierung in den USA ein. Sie gilt bis heute.
Mit dem neuen Haushaltsgesetz ist die US-Regierung bis zum Ablauf des Haushaltsjahres Ende September vollständig finanziert. Erst vor drei Wochen war der längste „Shutdown“ in der Geschichte der USA zu Ende gegangen: 35 Tage lang hatten Teile der Regierung stillgestanden, rund 800.000 Regierungsangestellte erhielten kein Gehalt. Sie waren im Zwangsurlaub oder mussten unbezahlt arbeiten.
Während des "Shutdowns" waren Trumps Zustimmungswerte gesunken
Das war besonders für jene Betroffenen hart, die über wenig Rücklagen verfügen, was auf viele Amerikaner zutrifft: Die US-Notenbank berichtete im vergangenen Jahr, 40 Prozent der Amerikaner könnten eine unerwartete Ausgabe in Höhe von 400 Dollar (gut 350 Euro) nicht stemmen, ohne sich Geld leihen oder Besitz verkaufen zu müssen. Manche Regierungsangestellte mussten sich während des „Shutdowns“ Lebensmittel von Tafeln beschaffen, um über die Runden zu kommen.
Trump hatte sich vor dem „Shutdown“ damit gebrüstet, notfalls Teile der Regierung im Streit um die Mauer stillstehen zu lassen, um die Demokraten zum Einlenken zu zwingen. „Ich bin stolz darauf, die Regierung für Grenzsicherung zu schließen“, sagte er. In Umfragen machte ihn eine Mehrheit für den Regierungsstillstand verantwortlich. Nach Beginn des „Shutdowns“ sanken Trumps ohnehin schlechte Zustimmungswerte noch weiter. Inzwischen sind sie wieder angestiegen.
Republikaner und Demokraten arbeiteten in den vergangenen Tagen fieberhaft an einem Kompromissvorschlag, um einen erneuten Stillstand der Regierung zu vermeiden. Nachdem der Kompromiss vorlag, ließ Trump zunächst offen, ob er ihn unterzeichnen würde. Bevor die beiden Kammern des Kongresses am Donnerstag über den Entwurf abstimmten, sagte der republikanische Senator Chuck Grassley: „Lasst uns alle beten, dass der Präsident die Weisheit haben wird, das Gesetz zu unterzeichnen, damit die Regierung nicht schließt.“ (dpa, AFP)