zum Hauptinhalt
San Francisco gehört zu den beliebtesten Ziele für Touristen aus aller Welt.
© imago/Manngold

USA: Trump vergrault die Touristen

Seit der US-Präsident seinen Einreisebann verordnete, sind die Buchungen zurückgegangen. Experten rechnen mit Milliardenverlusten

Die Bilder gingen um die Welt: Als Donald Trump nur wenige Tage nach seiner Amtsübernahme im Januar seinen ersten „Muslim-Bann“ verkündete, brach an US-Flughäfen das Chaos aus. Reisende wurden trotz gültiger Papiere festgenommen oder auf den nächsten Flieger nach Hause geschickt, Demonstranten belagerten die Ankunftshallen. Amerika wirkte nicht gerade einladend. Das hat Folgen, befürchten Reiseveranstalter und Tourismusbehörden. Sie sehen Anzeichen dafür, dass der neue Präsident mit seiner Parole „America First“ potenzielle Besucher abschreckt und der Branche Milliardenverluste beschert.

Trump schockte nicht nur muslimische Reisende. Mem Fox, eine bekannte australische Kinderbuchautorin, wurde am Flughafen von Los Angeles festgesetzt und vernommen. Noch nie in ihrem Leben sei sie so gedemütigt worden, berichtete die 70-Jährige danach: „Ich weinte wie ein Baby.“ Sie könne sich nicht vorstellen, jemals wieder in die USA zu reisen.

Deutsche haben keine große Lust

Geschichten wie diese sind Gift für eine Branche. Jedes Jahr fahren rund 75 Millionen Menschen in die USA, aber die Kunden können leicht auf andere Länder ausweichen. Die Tourismusagentur von New York rechnet bereits damit, dass in diesem Jahr rund 300000 Touristen weniger kommen werden. Schuld seien der „Einreisestopp und die damit zusammenhängende Rhetorik“. Da ein ausländischer Tourist im Schnitt viermal so viel Geld in der Stadt lässt wie ein amerikanischer Besucher, ist dieser Verlust schmerzhaft für die New Yorker. Fast eine Milliarde Dollar Verlust bringt die Trump-Krise nach dieser Rechnung.

In Deutschland ergab eine GfK-Umfrage für das Branchenmagazin FVW, dass fast jeder zweite potenzielle USA-Besucher wegen Trump derzeit keine große Lust auf einen Flug hat. Bei den Online- Suchen nach günstigen Flügen von Großbritannien nach Miami wurde ein Rückgang um 52 Prozent im Vergleich zum vergangenen Jahr registriert.

Dabei spielt zwar auch der relativ starke Dollar eine Rolle, doch der Einfluss von Trumps Politik ist in einigen Regionen deutlich zu sehen. Los Angeles zum Beispiel rechnet in den kommenden drei Jahren mit einem Besucher-Minus von bis zu 800000 Menschen, was rund 750 Millionen Dollar weniger Einnahmen bedeutet. Die Entwicklung sei eine direkte Folge der Politik des Präsidenten, die vor allem Besucher aus dem nahen Mexiko abschrecke, zitierten US-Medien die Tourismus-Behörde von Los Angeles.

Auch Universitäten fürchten Rückgang

Die Tourismus-Beraterfirma Forward Keys sieht weltweit einen negativen Trend. Buchungen von Reisen in die USA seien im Vergleich zu 2016 um 6,5 Prozent zurückgegangen, wobei der von Trump mit dem Muslim-Bann ins Visier genommene Nahe Osten mit einem Einbruch von mehr als 37 Prozent besonders stark zu Buche schlägt. Adam Sacks, Chef des Beratungsunternehmens Tourism Economics, rechnete in der „Chicago Tribune“ vor, dass die USA in diesem Jahr rund vier Millionen Besucher weniger haben werden und dass die US-Wirtschaft deshalb vor Verlusten von rund 7,4 Milliarden Dollar steht.

Auch die Universitäten, die bisher viel Geld mit ausländischen Studenten verdient haben, sind besorgt. Fast 40 Prozent der befragten Hochschulen meldeten in einer Studie des Fachverbandes AACRAO einen Rückgang bei den Anmeldungen. Bei den besonders zahlungskräftigen Studenten aus dem arabischen Raum gab es besonders viele Absagen.

Abgesandte der US-Hochschulen, die im Ausland um Interessenten für ihre Unis werben, berichten dem Verband zufolge von Sorgen bei Studenten und Eltern gleichermaßen. Es herrsche der Eindruck, „dass das Klima in den USA für Gäste aus dem Ausland weniger gastfreundlich ist“. Drei von vier befragten Unis befürchten, dass sie wegen der Zurückhaltung der Ausländer in Zukunft weniger Geld verdienen werden.

Kanadische Pfadfinderinnen sagen ab

Reise-Veranstalter in Kanada, die vom Trump-Tief besonders betroffen sind, hoffen, dass die Krise bald vorbei sein wird. Einer von ihnen, der Touristenbusse von Toronto aus auf Ausflüge nach New York schickt, bekam Anfang des Jahres einen Schreck, als die Buchungen plötzlich ausblieben. Berichte über Reisegruppen, die an der amerikanischen Grenze zurückgewiesen wurden, taten ein Übriges.

Krass fiel die Reaktion des kanadischen Pfadfinderinnenverbandes aus. Er sagte vorübergehend alle Reisen in die USA ab. Begründet wurde dies mit der Ungewissheit, ob allen ihren Mitgliedern die Einreise erlaubt werde. Eingestellt wurden auch Reisen in andere Länder, bei denen ein Umsteigen auf einem US-amerikanischen Flughafen notwendig wäre. Für ein geplantes Sommerlager in Kalifornien wurde bereits ein nicht näher bezeichnetes „alternatives Ziel“ gefunden. Es sei eine schwierige Entscheidung gewesen, aber die Pfadfinderinnen seien den Werten der „Inklusivität und Gleichbehandlung aller Mädchen und Frauen“ verpflichtet, heißt es in der Stellungnahme.

Kanada ist eine multikulturelle Gesellschaft. Dies spiegelt sich in den Schulklassen, Sportvereinen und Jugendorganisationen in ihrer ethnischen Vielfalt wider. Viele Jugendliche kommen aus muslimischen Ländern, die meisten von ihnen sind kanadische Staatsbürger und haben einen kanadischen Pass oder sie haben zumindest ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht. Zwar wurde versichert, dass kanadische Staatsbürger vom neuen Kurs der USA nicht betroffen seien, aber in jüngster Zeit gab es entgegen den Versicherungen doch Zurückweisungen.

"Entweder alle oder keiner"

Die „Girl Gides“ wurden vor mehr als 100 Jahren gegründet und haben allein in Kanada sieben Millionen Mitglieder aufgenommen. Das Risiko, dass einige der Mädchen an der Grenze abgewiesen werden, wollen sie unter keinen Umständen eingehen, erklärte die Führung des Verbandes kategorisch. Mit dieser Haltung sind sie nicht allein. In den Schulbehörden Kanadas wird diskutiert, wie man sich zu den populären Klassenfahrten ins Nachbarland verhalten soll.

Anfang Februar hatte eine Schule in Richmond in British Columbia eine Reise nach New York abgesagt und dies mit dem „Klima“ in den USA begründet. Das bezog sich vor allem auf die Lage in New York nach den starken Demonstrationen gegen Trump nach seiner Amtseinführung. Eine Schule in Winnipeg sagte eine Reise ihres Leichtathletikteams nach Minnesota ab. Kürzlich verzichteten die Schüler der „Westmount High School“ in Montreal auf eine Washington-Reise zum Schulabschluss aus Solidarität mit muslimischen Mitschülern, die möglicherweise an der Grenze zurückgewiesen werden könnten. Stattdessen geht es nach Toronto und zu den Niagara-Fällen. „Man kann ihre Reaktion mit den Worten zusammenfassen: Entweder geht die ganze Familie oder keiner von uns“, beschrieb Schuldirektor Michael Cristofaro die Entscheidung der Schüler. Die Schulbehörde des Bezirks Essex in Ontario sagte mehrere Reisen ab.

Viel beachtet wurde eine Entscheidung des Fanclubs des Fußballvereins Vancouver Whitecaps FC. Die „Vancouver Southsiders“ verzichteten darauf, ihren Club zu Auswärtsspielen in Seattle und Portland zu begleiten. Einige Mitglieder müssten befürchten, wegen Trumps Einreise-Bann an der Grenze abgewiesen zu werden, sagte „Southsiders“-Präsident Peter Czimmermann dem kanadischen Rundfunk CBC. „Das bedeutet, einige von uns müssten zurückbleiben, und das ist gegen unsere Richtlinien und unsere Prinzipien.“

Zur Startseite