zum Hauptinhalt
Arnon Mishkin ist Datenanalyst für Fox News - und wird vom Trump-Team attackiert.
© Twitter/@arnonmishkin

Weil Arizona Biden zugesprochen wurde: Trump-Team greift Datenanalyst von Fox News öffentlich an

Arnon Mishkin, Leiter des „Decision Desk“ von Fox News, entschied früh, dass Joe Biden Arizona gewinnt. Er hatte Obama und Biden 2008 im Wahlkampf unterstützt.

Arnon Mishkin leitet den „Decision Desk“ beim Trump-nahen TV-Sender Fox News während der US-Wahl. Über seinen Schreibtisch gehen alle Wahlergebnisse - und er entscheidet, wann ein Staat als sicher für einen der beiden Präsidentschaftskandidaten gilt. So entschied Mishkin auch, dass der wichtige US-Bundesstaat Arizona bereits früh am Mittwoch Joe Biden zugesprochen wurde - obwohl mehrere 100.000 Stimmen noch ausgezählt werden mussten.

Fox News war damit eines der ersten großen US-Medien, das Arizona als sicher einstufte. Die renommierte Nachrichtenagentur Associated Press (AP), die sich auf die gleichen Daten beruft, folgte erst später am Mittwoch. Andere Medien - wie CNN, New York Times und Washington Post - haben bis Freitagnachmittag noch keine Entscheidung getroffen, Arizona einem der Kandidaten zuzusprechen. Dabei führt Biden mit fast 50.000 Stimmen Vorsprung.

Das Trump-Wahlkampfteam weiß um die Bedeutung Arizonas mit seinen elf Wahlleuten für den Ausgang der Wahl - und beschwerte sich am Mittwoch direkt, nachdem Fox News Biden dort zum Sieger erklärt hatte. Doch dabei blieb es nicht: Das Trump-Team griff Datenanalyst Mishkin persönlich offen an.

Dass Fox News dem US-Präsidenten nahesteht, dürfte eine Rolle bei der Intensität der Aufruhr im Trump-Lager spielen. AP griff das Team nicht öffentlich an - und trotzdem erklärte sich die Nachrichtenagentur öffentlich. „Die Associated Press beobachtet und analysiert weiterhin die Auszählungsergebnisse der Stimmen aus Arizona, während sie eintreffen“, sagte Chefredakteurin Sally Buzbee am Donnerstag. „Wir werden den Fakten in allen Fällen folgen.“

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Bei Fox News hingegen machte das Trump-Team mächtig Alarm. Zunächst meldete sich Trumps Schwiegersohn Jared Kushner bei Fox-News-Inhaber Rupert Murdoch, um die Entscheidung zurückzunehmen. Der US-Präsident selbst habe laut „Washington Post" keinen Kontakt zu ihm aufgenommen. „Selbst dann hätte ich nicht eingegriffen oder unsere Entscheidung geändert", schrieb Murdoch in einer Mail an die „Washington Post“.

Es seien bereits mehr als 80 Prozent der Stimmen eingegangen, als sich sein Team festlegte, sagte Mishkin. „Wir hatten das Gefühl, dass wir die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit getroffen haben - deshalb haben wir es gemacht."

Nachdem er seine Entscheidung bekräftigte, wandte es sich nicht mehr über Umwege, sondern direkt an Mishkin. In einer Mitteilung nannte das Team ihn einen „Clinton-wählenden, Biden-finanzierenden Demokraten“, der „auf seiner schrecklichen Entscheidung beharrt und sich weigert, seine unbegründete Entscheidung zurückzunehmen“.

Am frühen Donnerstagmorgen veröffentlichte das Wahlkampfteam Trumps bei Twitter eine Liste, die zeigen soll, dass Mishkin die Wahlkampagne Barack Obamas und Joe Bidens 2008 finanziell unterstützte. Außerdem soll er demnach vor vier Jahren Hillary Clinton gewählt haben - was er aber sogar öffentlich machte. Das führte sie erneut dazu, zu erklären: „Arnon Mishkin und die AP sollten ihre Entscheidung für Joe Biden in Arizona sofort zurücknehmen."

Der Liste, die das Team postete, zufolge, bezahlte Mishkin 1500 US-Dollar an die Wahlkampagne Obamas und Bidens. 2008 war das Jahr, in dem er begann, den „Decision Desk“ von Fox News zu leiten, für den er seit 1998 arbeitet. Allerdings gehört zur kompletten Wahrheit auch: Mishkin zahlte noch mehr Wahlkampfhilfe an republikanische Politiker - das geht aus offiziellen Daten hervor.

Doch warum unterstützt ein Datenjournalist politische Parteien? Der 65-jährige Mishkin ist kein festangestellter Fox-News-Mitarbeiter. Bevor er die Leitung des „Decision Desk“ übernahm, war er außerdem politischer Berater für sowohl demokratische als auch republikanische Politiker. Das berichtet die „Los Angeles Times“.

[Mit dem Newsletter „Twenty/Twenty“ begleiten unsere US-Experten Sie jeden Donnerstag auf dem Weg zur Präsidentschaftswahl. Hier geht es zur kostenlosen Anmeldung: tagesspiegel.de/twentytwenty.]

Abgesehen davon ist es nicht Mishkins alleinige Entscheidung gewesen, Arizona zum Biden-Staat zu erklären - die Entscheidung basiert auf mathematischen Berechnungen des Datenteams. Er glaubte auch am Donnerstag nicht, dass Trump den Rückstand noch aufholen könne - obwohl der Rückstand immer kleiner wurde.

Es gebe zwar noch offene Stimmen in Maricopa County, doch: „Wir sind der festen Überzeugung, dass unsere Entscheidung Bestand haben wird. Und deshalb ändern wir sie nicht."

Sobald AP ihn vermeldet, steht der Gewinner eigentlich fest

In den USA gibt es keine Bundeswahlleitung, stattdessen führen Meinungsforscher Nachwahlbefragungen durch. Üblicherweise wird die Präsidentenwahl auch auf der Basis von Prognosen großer Medienhäuser entschieden.

Ein weiterer Punkt, der Fox News historisch gesehen recht gibt: Die Nachrichtenagentur AP wird für ihre Unabhängigkeit und Genauigkeit geschätzt. Sobald AP den Gewinner vermeldet, gilt die Wahl eigentlich als entschieden.

Ob die Vorfälle vor einem Behördengebäude in Arizona mit den öffentlichen Verbalattacken des Trump-Teams zusammenhängen, ist unklar. Eine große Gruppe von Anhängern des Präsidenten hatte sich vor dem Gebäude im Bezirk Maricopa Conty versammelt, mehrere unter ihnen hätten Waffen wie Automatikgewehre gehabt, berichtete eine Korrespondentin des Nachrichtensenders CNN in einer Live-Schaltung.

Trump bekräftigte in der Nacht auf Freitag nochmals, dass er aus seiner Sicht mit den „legal“ abgegebenen Stimmen die Wahl mit Leichtigkeit gewonnen habe. Der Präsident hatte zuvor bereits bei einem Auftritt im Weißen Haus behauptet, die Demokraten versuchten, ihm den Sieg durch Betrug zu nehmen. Twitter verpasste dem Tweet umgehend den Warnhinweis, dass der Beitrag irreführende Informationen enthalten könne. (mit dpa)

Zur Startseite