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Seit Tagen wird vor dem Lincoln Memorial in Washington aufgebaut. Hier hält US-Präsident Trump eine Rede am 4. Juli.
© SAUL LOEB/AFP

Panzer und Kampfjets bei den Feierlichkeiten: Trump kapert den amerikanischen Unabhängigkeitstag

Der US-Präsident hat sich von einer Militärparade in Paris beeindrucken lassen. Nun soll der 4. Juli ähnlich martialisch werden, entgegen der US-Tradition.

Stoisch steht der Mann vor dem Denkmal für Abraham Lincoln in der prallen Sonne. Die hohen Temperaturen stören ihn genauso wenig wie die flanierenden Touristen oder die Aufbauarbeiten nur wenige Meter von seinem Standort.

Er hält ein großes weißes Schild vor seinem Körper, das mit gut leserlicher Schrift von oben bis unten zugeschrieben ist. "Lincoln vs. Trump" steht da in rot, und darunter in blau, worum es ihm geht. "Wenn Sie das Monument eines der größten Präsidenten, die Amerika je hatte, bewundern, nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um über die Unterschiede zwischen Abraham Lincoln und dem derzeitigen Bewohner des Weißen Hauses nachzudenken. Lincoln vereinte die Nation in ihrer größten moralischen und verfassungsrechtlichen Krise. Trump hat das Land mehr gespalten, als es dies seit dem Bürgerkrieg jemals war. Lincoln hat die Sklaverei abgeschafft, Trump ermutigt Rassismus und Intoleranz." So geht es noch einige Sätze weiter.

Vor den vielen Stufen des tempelähnlichen Denkmals für den 16. Präsidenten der Vereinigten Staaten, das Washington Monument, und weit dahinter das strahlend weiße Kapitol im Blick, vor dieser großartigen Kulisse also wird der 45. US-Präsident am Donnerstag eine Rede halten.

Seit Tagen wird das Gelände darum herum, das mit seinen weitläufigen Grünflächen, geschichtsträchtigen Denkmälern und dem gut 600 Meter langen Reflecting Pool die Touristen magisch anzieht, auf den Massenandrang und die zusätzlichen Sicherheitsanforderungen vorbereitet. Vor allem mit Zäunen und vielen Dixi-Klos. Erwartet werden Hunderttausende von Menschen.

Das Gedenken ist unpolitisch – normalerweise

Am Donnerstag feiern die Amerikaner traditionell ihren Unabhängigkeitstag: Mit der Ratifizierung der Unabhängigkeitserklärung durch den Kontinentalkongress am 4. Juli 1776 wurden die ehemals britischen "Dreizehn Kolonien" zum ersten Mal offiziell als "Vereinigte Staaten von Amerika" bezeichnet. Das Gedenken an diesen Tag vor 243 Jahren ist quasi das amerikanische Silvester: ein fröhlich-friedliches Volksfest, begleitet von buntem Feuerwerk – und normalerweise unpolitisch.

Da aber in der Regierungszeit von Donald Trump nichts normal ist, ist auch das erstmal Geschichte. Donald Trump hat sich diesen Tag sozusagen angeeignet. Nachdem er vor zwei Jahren von Präsident Emmanuel Macron zum französischen Nationalfeiertag nach Paris eingeladen war und sich von der pompösen Militärparade auf den Pariser Champs-Elysées beeindrucken ließ, hat ihn der Gedanke nicht mehr losgelassen, dass sowas doch auch auf der Mall in Washington gut wirken würde. Beziehungsweise noch viel besser.

Die Idee einer Paris-ähnlichen Militärparade konnte er aber nicht durchsetzen – im vergangenen Jahr wurde sie gestrichen, nachdem die Kosten bekannt geworden waren: Nach Angaben der "Washington Post" hätte das Spektakel rund 92 Millionen Dollar gekostet. Außerdem hätten die schweren Fahrzeuge den ohnehin malträtierten Asphalt der Hauptstadt stark in Mitleidenschaft gezogen.

Vor allem das Militär soll gewürdigt werden

In diesem Jahr hat sich Trump nun selbst mitten in die Feierlichkeiten hineingepflanzt. Der Präsident hat einen Auftritt für sich unter dem Motto "Salute to America" planen lassen, bei dem er insbesondere das US-Militär würdigen will. "Wir werden einen großartigen 4. Juli in Washington, DC, haben. Er wird wie kein anderer, er wird besonders, und ich hoffe, dass viele Menschen kommen", sagte Trump am Montag im Weißen Haus.

Vor dem Lincoln Memorial im Herzen der amerikanischen Hauptstadt, wo der Bürgerrechtler Martin Luther King Jr. am 28. August 1963 vor rund 250.000 Menschen seine historische "I Have a Dream"-Rede hielt, wird Trump nun um 18.30 Uhr (Ortszeit) eine Ansprache halte, die sehr an seine "Make America Great Again"-Rallies erinnern wird. Aller Voraussicht nach mit viel Eigenlob und noch mehr Kritik an politisch Andersdenkenden.

Schon alleine das ist ein Novum, immerhin geht es um einen Nationalfeiertag. Außerdem werde er "die besten Kampfflugzeuge der Welt und auch andere Flugzeuge" über die Mall fliegen sowie "ein paar brandneue Panzer" auffahren lassen, sagte Trump. "Wir werden einiges an unglaublichem Gerät, Militärgerät, zur Schau stellen." Wie die "Washington Post" berichtete, ist unter den ausgewählten Flugzeugen auch eine der beiden Boeing 747, die sich in die "Air Force One" verwandeln, wenn der Präsident in ihnen reist.

Am anderen Ende der Mall finden die üblichen Feiern statt

Die Planungen des Präsidenten haben längst den Unmut der Opposition geweckt, viel machen kann die dagegen allerdings nicht. Der demokratische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Steny Hoyer, sagte dem US-Sender NBC News, dass Trump eine "politische Rallye" aus einem Tag mache, an dem eigentlich Amerika gefeiert werde und die Werte, für die das Land stehe.

Beim 4. Juli gehe es nicht um Parteipolitik – "es geht um Demokratie, Freiheit" und das Streben nach Glück. Doch das sehen offenbar viele in Amerika anders.

Für den anderen Teil gibt es die restlichen Feierlichkeiten, die zusätzlich zur Trump-Show stattfinden werden. Wie in jedem Jahr zieht die Unabhängigkeitsparade über die Constitution Avenue, und am anderen Ende der Mall wird es wie immer laut. Dort, zu Füßen des Kongresses, findet das alljährliche "Capitol Fourth"-Konzert statt. Weit entfernt vom Präsidenten und seiner Show am Lincoln Memorial.

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