Hackerangriffe aus Russland: Trump in der Defensive
Im Streit um russische Hackerangriffe steht der künftige US-Präsident zunehmend allein da. Ein früherer US-Botschafter in Berlin soll ihm aus der Klemme helfen. Und Trump kündigt ein Sofortprogramm gegen Cyberattacken an.
Russische Regierungsvertreter sollen sich gegenseitig gratuliert haben, als sich am 8. November der Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl abzeichnete: Amerikanische Geheimdienste verfügen laut Medienberichten über abgefangene Botschaften der Russen, die Eingriffe Moskaus in den US-Wahlkampf belegen. Kommende Woche sollen Einzelheiten veröffentlicht werden – Trump steht mit seiner Skepsis an den Geheimdiensterkenntnissen zunehmend allein da. Ein ehemaliger US-Botschafter in Deutschland soll Trump nun aus der Klemme helfen.
Überzeugter denn je seien die Experten, dass Russland hinter den Angriffen stecke, sagte Geheimdienstkoordinator James Clapper im Kongress. Ähnlich eindeutig wie Clapper äußerten sich Senatoren aus Trumps republikanischer Partei und Vertreter der oppositionellen Demokraten. Nach einer vertraulichen Unterrichtung für Trump und den scheidenden Präsidenten Barack Obama soll Anfang kommender Woche die Öffentlichkeit mehr über die Erkenntnisse der Geheimdienste erfahren.
Zusammen mit hochrangigen Experten aus dem Verteidigungsministerium sowie der Abteilung für die Abwehr von Cyberangriffen bei den US-Militärs unterstrich Clapper die Schlussfolgerung der Dienste: Nur hochrangige russische Regierungsstellen hätten die Datendiebstähle anordnen können, erklärten sie mit Blick auf den Einbruch ins E-Mail-System der US-Demokraten während des Wahlkampfes. Wikileaks hatte die gestohlenen Mails veröffentlicht. Auf Nachfrage eines Senators betonte Clapper ausdrücklich, sein Vertrauen in die These einer Verwicklung des russischen Staates sei „sehr hoch“.
Die neuen Enthüllungen sind schlechte Nachrichten für Trump
Mehrere US-Medien meldeten unter Berufung auf vertrauliche Geheimdienstberichte, die amerikanischen Spionage-Organisationen hätten inzwischen herausgefunden, über welche Mittelsmänner die gestohlenen Mails von den Russen an Wikileaks gelangt seien. Clapper sagte, kommende Woche werde die Öffentlichkeit auch über die mutmaßlichen Motive Moskaus informiert. Laut Medienberichten betrachtete der Kreml den späteren Wahlsieger Trump als russlandfreundlicher als dessen Rivalin Hillary Clinton.
Die neuen Enthüllungen sind schlechte Nachrichten für Trump, der sich im Zusammenhang mit den Hacker-Vorwürfen gegen Russland mehrmals sehr abfällig über die US-Dienste äußerte, während er Wladimir Putin und Wikileaks-Gründer Julian Assange lobte.
Trump ist isoliert. Bei seinen Parteifreunden im Kongress wird der Ruf nach scharfen Sanktionen gegen Moskau lauter. Kommende Woche muss Trumps russlandfreundlicher Kandidat für den Posten des Außenministers, Rex Tillerson, dem Senat Rede und Antwort stehen. Clapper ließ den designierten Präsidenten zudem wissen, es gebe einen Unterschied zwischen konstruktiver Kritik an den Geheimdiensten und „Herabsetzung“.
Trump plötzlich "großer Fan" der Geheimdienste
Die Frage ist, wie Trump dem wachsenden Druck begegnen wird. Auf Twitter betonte er plötzlich, er sei ein „großer Fan“ der Geheimdienste, und warf den Medien vor, ihm eine Feindschaft zu CIA, NSA und den anderen Organisationen andichten zu wollen. Doch das dürfte kaum ausreichen. Als Präsident wird Trump nach seinem Amtseid am 20. Januar nicht nur mit den Spionage-Agenturen zusammenarbeiten müssen, die er in Clappers Worten bisher so „herabgesetzt“ hat. Er wird auch mit der Wirklichkeit internationaler Hackerangriffe konfrontiert. Am Freitag kündigte Trump denn auch ein Sofortprogramm zur Abwehr von Cyberattacken an. Dies solle in den ersten 90 Tagen seiner Amtszeit geschehen.
In einem jetzt vorgelegten Bericht betont die Denkfabrik CSIS, die nächste amerikanische Regierung müsse sich auf die Abwehr internationaler Cyberattacken einstellen. Dabei sei es wichtig, mutmaßliche Angreifer mit der glaubhaften Androhung von Konsequenzen von derartigen Versuchen abzubringen. Bisher will Trump davon aber nichts wissen, jedenfalls nicht, wenn es um Russland geht.
Angesichts dieser Herausforderungen rückt ein bisher wenig bekannter Senator aus Indiana in den Mittelpunkt des Interesses: Der 73-jährige Dan Coats, der von 2001 bis 2005 amerikanischer Botschafter in Berlin war, soll unter Trump neuer Geheimdienstkoordinator werden.
Als Nachfolger von Clapper wird Coats die Aufgabe haben, das schwierige Verhältnis zwischen dem neuen Herrn im Weißen Haus und den Geheimdiensten zu glätten. Dabei sind Meinungsverschiedenheiten zwischen dem neuen Geheimdienst-Zar und dem Präsidenten möglich. Anders als Trump ist Coats kein Freund Putins und wurde vor drei Jahren von Russland mit einem Einreiseverbot belegt.