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Abrechnung mit den Demokraten: US-Präsident Donald Trump am Donnerstag im Weißen Haus, neben im First Lady Melania Trump.
© REUTERS/Joshua Roberts

Die Rache des Präsidenten: Trump feuert zwei Schlüsselzeugen der Impeachment-Anklage

Nach dem Freispruch im Amtsenthebungsverfahren hat der US-Präsident gefeiert – jetzt räumt er auf. Alexander Vindman und Gordon Sondland müssen gehen.

Tag der Abrechnung: Nach seinem Freispruch im Impeachment-Verfahren feuert US-Präsident Donald Trump zwei prominente Belastungszeugen. Er verbannte den Oberstleutnant und Ukraine-Experten Alexander Vindman aus dem Weißen Haus, wo dieser als Berater des Nationalen Sicherheitsrates tätig war. Kurz darauf sagte der US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, mehreren US-Medien, ihm sei mitgeteilt worden, dass der Präsident ihn mit sofortiger Wirkung als Botschafter abberufen wolle.

Vindman, ein Schlüsselzeuge in der Ukraine-Affäre, wurde noch am Freitag aus dem Weißen Haus eskortiert, wie sein Anwalt David Pressman berichtete. Sein Mandant werde für die Wahrheit bestraft, kritisierte Pressman und sprach von einem Akt der Rache seitens Trump.

Der 44-jährige Vindman hatte im vergangenen Jahr ein Telefonat zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als "unangemessen" empfunden und seine Bedenken dem Anwalt des Nationalen Sicherheitsrats mitgeteilt. Bei dem von Vindman mitgehörten Gespräch vom 25. Juli hatte Trump den ukrainischen Staatschef zu Ermittlungen gegen den früheren US-Vizepräsidenten Joe Biden gedrängt. Biden bewirbt sich um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten und könnte damit bei der Wahl im November Trumps Herausforderer werden.

Die oppositionellen Demokraten leiteten später deswegen ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump wegen Machtmissbrauchs ein, das die Republikaner am Mittwoch mit ihrer Mehrheit im Senat abschmetterten. Die für eine Amtsenthebung notwendige Zweidrittelmehrheit wurde bei beiden Anklagepunkten Amtsmissbrauch und Behinderung des Kongresses klar verfehlt. Trotz aller Belege für ein Fehlverhalten Trumps, das dieser stets bestritt, stellten sich die Republikaner hinter den Präsidenten.

Am Donnerstag feierte er vor Kabinettsmitgliedern, hochrangigen Republikanern und Unterstützern im Weißen Haus bei einer Ansprache, dass das Amtsenthebungsverfahren gegen ihn ein Ende hat. Kurz zuvor hatte seine Sprecherin Stephanie Grisham bei Fox News gesagt, dass Trump den Anlass nutzen werde, um darüber zu sprechen, wie „entsetzlich“ er behandelt worden sei - „und dass vielleicht Leute dafür bezahlen sollten“.

Trump über Vindman: „Nun ja, ich bin nicht zufrieden mit ihm“

Trump hatte kurz zuvor zu Reportern im Garten des Weißen Hauses über Vindman gesagt: „Nun ja, ich bin nicht zufrieden mit ihm.“ Er gab vor, nicht derjenige zu sein, der die Entscheidung über dessen Zukunft im Weißen Haus treffen würde. Trump hatte die Vorwürfe gegen ihn stets zurückgewiesen und das Amtsenthebungsverfahren als „Hexenjagd“ verurteilt. Nach seinem Freispruch verbreiten er und seine Unterstützer den Satz: „Für immer freigesprochen.“

Der Offizier hatte seinen Rauswurf nach dem Freispruch Trumps im Amtsenthebungsverfahren offensichtlich erwartet. Vindman habe Mitarbeitern gesagt, er rechne damit, in den nächsten Wochen ins Verteidigungsministerium zurückzukehren, berichtete der Sender CNN. Planmäßig wäre Vindman erst im Juli mit Ablauf seiner zweijährigen Berufung aus dem Nationalen Sicherheitsrat ausgeschieden, hieß es weiter.

Wird als Ukraine-Experte im Weißen Haus nicht mehr gebraucht: Oberstleutnant Alexander Vindman.
Wird als Ukraine-Experte im Weißen Haus nicht mehr gebraucht: Oberstleutnant Alexander Vindman.
© REUTERS/Loren Elliott/File Photo

Die Sprecherin des Repräsentantenhaus, die Demokratin Nancy Pelosi, kritisierte die Entscheidung des Weißen Hauses gegen Vindman scharf: „Die beschämende Entlassung von Oberstleutnant Vindman war ein klarer und dreister Akt der Rache, der die Angst des Präsidenten vor der Wahrheit zum Ausdruck bringt.“ Der führende Anklagevertreter des Repräsentantenhauses, Adam Schiff, erklärte: „Das sind die Handlungen eines Mannes, der glaubt, über dem Gesetz zu stehen.“

Auch Vindmans Zwillingsbruder offenbar entlassen

Angesichts der Neuigkeiten unterbrach Biden am Freitag die TV-Debatte der US-Demokraten vor der Vorwahl in New Hampshire und forderte die Zuhörer auf, Vindman ihre Anerkennung zu zollen. "Lasst uns alle aufstehen und Oberstleutnant Vindman applaudieren!", rief er in den Saal.

Medienberichten zufolge wurde auch Vindmans Zwillingsbruder Yevgeny, der ebenfalls im Nationalen Sicherheitsrat arbeitete, entlassen. Der demokratische Senator Ron Wyden nannte die Entlassungen bei Twitter "kleinliche Vergeltung" für das Aussprechen der Wahrheit.

Die Zeitung "New York Times" zitierte aus einer Erklärung Sondlands, wonach er über seine Abberufung informiert worden sei. Sondland hatte bei seiner Aussage im Impeachment-Verfahren bestätigt, dass ein Empfang Selenskyjs im Weißen Haus und mutmaßlich auch die Auszahlung von Militärhilfen an Kiew von der Ankündigung ukrainischer Ermittlungen gegen Biden abhängig gemacht wurden.

Er und andere Diplomaten hätten die Ukraine-Hilfen nicht an "irgendwelche Bedingungen" knüpfen wollen, hatte Sondland bei seiner Aussage betont. Als von Trump ernannter Regierungsmitarbeiter habe er jedoch "die Anweisungen des Präsidenten befolgt".

Sondland bekam Posten als Dank für Millionenspende an Trump

Zu diesen Anweisungen gehörte nach Sondlands Schilderungen, dass er und andere Diplomaten in ihren Ukraine-Aktivitäten mit Trumps Privatanwalt Rudy Giuliani zusammenarbeiten sollten. Dieser Anweisung seien sie nur widerwillig gefolgt: "Wir waren nicht glücklich über die Direktive des Präsidenten, mit Rudy zu reden."

Muss als US-Botschafter bei der Europäischen Union gehen: Gordon Sondland.
Muss als US-Botschafter bei der Europäischen Union gehen: Gordon Sondland.
© CABALLERO-REYNOLDS/AFP

Der Botschafter betonte jedoch auch, dass Trump ihm gegenüber nie persönlich einen Zusammenhang zwischen der Militärhilfe und den Ermittlungen hergestellt habe. Er sei selber zu der Schlussfolgerung gelangt, dass dieser Zusammenhang bestehe.

Der wohlhabende Hotelier Sondland hatte den wichtigen Botschafterposten in Brüssel als Dankeschön für eine Millionenspende für die Feierlichkeiten zur Amtseinführung Trumps erhalten. (AFP, dpa)

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