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US-Präsident Donald Trump und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin
© Jussi Nukari/Lehtikuva/dpa

INF-Vertrag vor dem Aus: Trump erweist Russland einen Gefallen

Der US-Präsident droht, den INF-Vertrag mit Russland über atomare Abrüstung zu kündigen. Von gegenseitigem Vertrauen fehlt jede Spur – ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Die Beiläufigkeit, mit der US-Präsident Donald Trump den angestrebten Ausstieg seines Landes aus dem INF-Vertrag mit Russland verkündete, musste Politiker in ganz Europa alarmieren. Denn entweder ist die lapidare Mitteilung ein Ausdruck des Nichtbegreifens, worum es sich bei diesem Vertrag überhaupt handelt – oder es ist das kaltschnäuzige Eingeständnis, dass die „America-First-Politik“ auch vor den Eckpfeilern der transatlantischen Sicherheitspartnerschaft nicht haltmacht.

Der INF-Vertrag (Intermediate Range Nuclear Forces) zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten wurde am 8. Dezember 1987 von Michail Gorbatschow und Ronald Reagan in Washington unterzeichnet und ein halbes Jahr später, am 1. Juni 1988, bei einem neuerlichen USA-UdSSR-Gipfel in Moskau in Kraft gesetzt. Er legt die Vernichtung aller atomaren Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern fest. Diese Waffengeneration war in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts von der Sowjetunion implementiert worden.

Die SS-20-Raketen, um die es dabei ging, konnten alle Ziele in den europäischen Nato-Staaten treffen, nicht aber die USA und Kanada bedrohen. Damit war ein auf Europa begrenzter Krieg möglich geworden, in den die USA mit ihren Interkontinentalraketen möglicherweise nicht eingegriffen hätten, weil sie ja nicht Angriffsziel waren.

Die Beistandspflicht in der Nato war bedroht

Diese Abkoppelung hatte psychologisch eine für Westeuropa dramatisch gefährliche Perspektive. Ungeachtet der automatischen Beistandsverpflichtung aller Nato-Partner füreinander hätte in den USA das Gefühl dominieren können, man selber sei ja nicht bedroht. Und am meisten gefährdet war das geteilte Deutschland, denn auch Frankreich verfügte über eine Mittelstreckenwaffe, die nur deutschen Boden hätte treffen können.

Die militärische Antwort des Westens war der Nato-Doppelbeschluss: Das Bündnis würde mit Pershing-Raketen und Tomahawk- Marschflugkörpern gleicher Reichweite wie die SS 20 nachrüsten, wenn der Ostblock nicht seinerseits auf diese Waffengattung verzichtete.

Das Ergebnis ist bekannt: Die Nachrüstungsdebatte spaltete die bundesdeutsche Innenpolitik, letztlich musste Bundeskanzler Helmut Schmidt, entschlossener Nachrüstungsbefürworter, zurücktreten. Aber als Ergebnis des INF-Vertrages wurden auf beiden Seiten mehr als 2600 Mittelstreckenraketen zerstört.

Das Vertrauen in Absprachen ist nicht mehr gegeben

Der INF-Vertrag wurde in einer Phase des Dialogs zwischen den Supermächten geschlossen. Die war erst durch den Machtwechsel im Kreml auf Michail Gorbatschow möglich geworden. Basis auf beiden Seiten bildete das grundsätzliche Vertrauen in die Absprachezuverlässigkeit des anderen. Das ist heute nicht mehr gegeben.

Gerade deshalb wären direkte Gespräche zwischen Washington und Moskau über die gegenseitigen Vorwürfe des Vertragsbruchs und deren Aufklärung durch Inspektionen das einzige Mittel zur Klärung, nicht aber der Ausstieg aus dem Vertrag. Dass es aus Moskauer Sicht ideal wäre, wenn die USA von sich aus die Vereinbarung kündigen, die Moskau lästig geworden ist, zeigt nur die Unbedachtheit des amerikanischen Vorgehens.

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