Schleswig-Holstein: Torsten Albig hat Sand unter den Füßen
In Schleswig-Holstein wird es für den Ministerpräsidenten immer schwieriger. Er hat nur eine Stimme Mehrheit - und jede Menge Probleme. Ein Kommentar.
Ruhe, das wäre schön. In Ruhe arbeiten, ohne unschöne Schlagzeilen. Ach ja, Torsten Albig ist nicht der erste Ministerpräsident von Schleswig- Holstein, der sich das wünscht. Das Land wird völlig zu Unrecht als „Schläfrig-Holzbein“ bespöttelt – im Gegenteil, da geht es stürmisch zu. Immer wieder. Eine Affäre nach der anderen, in praktisch allen Parteien. Namen wie Barschel und Pfeiffer geistern weiter umher, Björn Engholm musste auch wegen einer Lüge zurücktreten, Heide Simonis wurde vom „Heide-Mörder“ erwischt … Ruhe muss man suchen, am besten in den abgelegenen Winkeln des Landes, das selbst einer ist.
Der Ministerpräsident hat in Kiel nur eine Stimme Mehrheit
Jetzt ist Albig, 51, an der Reihe. Es wird nicht ganz leicht für ihn, Ministerpräsident zu bleiben. Zumal über die nächste Wahl hinaus. Seit Juni 2012 ist er im Amt, jetzt regieren die Schwierigkeiten. Albig hat schon versprechen müssen, aus seinen Fehlern zu lernen. Die lauten, Entscheidungen nicht abzusprechen und überhaupt die Bedeutung interner Ab- und Ansprache zu unterschätzen. Das ist erstaunlich bei einer Koalition aus drei Partnern – SPD, Grüne, Südschleswigscher Wählerverband, der Partei der dänischen Minderheit – mit nur einer Stimme Mehrheit. Und noch erstaunlicher bei einem Mann, der Pressesprecher bei so unterschiedlichen Bundesfinanzministern wie Oskar Lafontaine, Hans Eichel und Peer Steinbrück war, ein Spindoktor, ein PR-Profi, ein Politprofi, wie man dachte, nach Jahren als Dezernent und Kämmerer und OB von Kiel und als Funktionsträger in der SPD.
Torsten Albig hat Sand unter den Füßen: Da darf nichts mehr kommen
Aber es ist eben Schleswig-Holstein. Man stelle sich vor: eine Razzia in der Staatskanzlei und im Bildungsministerium, zwei Ministerrücktritte, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, Unmut in der Koalition – da darf wirklich nichts mehr kommen. Schon gar nicht aus den eigenen Reihen. Was ungewiss ist. Am Rücktritt von Albigs Nachfolgerin als OB in Kiel, Susanne Gaschke, ist einiges nicht richtig aufgearbeitet. Albigs Rolle vor allem. In welcher Weise er sich selbst geschützt hat, das kann noch ein anderes Kapitel in der Affärengeschichte werden. Dass ihn Parteifreund Ralf Stegner verteidigt, heißt nichts. Freunde sind die beiden nicht. Und mehr Freunde hat sich Albig in der SPD-Spitze nicht gemacht, als er den Asylkompromiss ablehnte. So wird es schwierig, fest zu stehen „an der Düne flücht’gem Sand“. Das ist eine Zeile aus dem Holsteinlied. Sie gilt jetzt besonders für den gebürtigen Bremer.
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