Brexit: Theresa May – eine rätselhafte Kämpferin
Die britische Regierungschefin Theresa May lässt es auf eine neuerliche Abstimmung ankommen - und riskiert eine erneute Niederlage. Ein Kommentar.
Theresa May lässt nicht locker. Im Unterhaus holte sich die Regierungschefin am Donnerstagabend eine Mehrheit für eine neuerliche Parlamentsabstimmung über den EU-Austrittsvertrag in der kommenden Woche. Je nach Ausgang soll es dann eine neue Brexit-Frist nur bis zum Frühsommer oder doch länger geben – vielleicht länger als ein Jahr.
Wäre die Lage nicht so ernst, könnte man sich an eine Szene aus dem Monty-Python-Filmklassiker „Die Ritter der Kokosnuss“ erinnert fühlen, in der ein trauriger Held bei einem Schwertkampf von seinem Gegner zerstückelt wird und das Duell unverdrossen mit der Bemerkung fortsetzt, „nur eine Fleischwunde“ erlitten zu haben. Ähnlich ergeht es May: Schon zwei Niederlagen hat sie sich im Unterhaus mit dem EU-Austrittsvertrag geholt, und trotzdem will sie in der kommenden Woche eine neuerliche Schlappe riskieren.
Was tun, wenn es weder Neuwahlen noch ein zweites Referendum gibt?
Natürlich stünde die Premierministerin als Triumphgestalt da, falls es ihr tatsächlich gelingen sollte, die Hardliner angesichts der Aussicht auf ein ewiges Brexit-Nachspiel nun im dritten Anlauf zur Zustimmung zu zwingen. Allerdings bleibt das Risiko einer weiteren Niederlage hoch. Dies wirft wiederum die Frage auf: Was tun, falls sich auch während der Verlängerung weder Neuwahlen noch ein zweites Referendum abzeichnen sollten? Ginge es nach den Maßstäben einer vernunftorientierten Konsenspolitik, dann ließe sich die politische Erklärung, in der das künftige Verhältnis zwischen der EU und Großbritannien skizziert wird, schnell ändern. Großbritannien könnte auch künftig mit der EU in einer Zollunion eng verbunden bleiben. Die Moderaten bei den Tories und bei Labour würden gut damit leben können.
Sieg oder Niederlage - so funktioniert die britische Politik
Aber so funktioniert die Praxis in Großbritannien nicht. Bis auf Weiteres ist die britische Politik auf Sieg und Niederlage angelegt ist. Mays Ansage, dass Großbritannien nach dem Brexit auch die EU-Zollunion verlässt, gilt weiterhin. Umso bedauerlicher ist es, dass nach dem Unterhaus-Votum vom Donnerstagabend allein die Regierungschefin – und nicht das Parlament – die Fäden beim Brexit in der Hand behält.