Gelbwesten in Frankreich: Teure Zerstörungswut
Die gewaltsamen Proteste der Gelbwesten treffen auch Frankreichs Wirtschaft. Es werden starke Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum erwartet.
Frankreich macht sich nach den Protesten der Gelbwesten und den großen Zerstörungen in den Städten Sorgen über die wirtschaftlichen Folgen. Finanz- und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire befürchtet erhebliche Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum. Seine Prognose lautet: Die Bewegung werde sich im letzten Quartal dieses Jahres mit minus 0,1 Prozent auf das französische Wirtschaftswachstum niederschlagen, es sei „eine Katastrophe für die Wirtschaft“. In der letzten Prognose hatte sich die Regierung noch 1,7 Prozent Wachstum für 2018 erhofft. Die Bilder aus Frankreich vermittelten ausländischen Investoren ein „schlechtes Image“, sagt Le Maire. Die Banque de France geht sogar noch weiter. Statt mit 0,4 Prozent Wachstum für das letzte Quartal rechnet sie nun nur noch mit 0,2 Prozent.
Frankreichs Einzelhändler beklagen teilweise Umsatzeinbußen in Milliardenhöhe, so blieben etwa in Paris die großen Kaufhäuser Printemps und Galeries Lafayette am Samstag geschlossen – ausgerechnet in der wichtigen Weihnachtszeit. Und auch viele andere Geschäfte in zahlreichen Städten hatten sich verbarrikadiert. Betroffen ist ebenfalls die Tourismusindustrie: Laut dem Hotelkettenverband gingen die Buchungen zum Jahresende um mindestens zehn Prozent zurück.
Der nächste Akt der Proteste
„Die Waffenruhe muss jetzt beginnen“, erklärte Didier Kling, Präsident der Industrie- und Handelskammer von Paris. „Der Monat Dezember ist immer ein Monat, in dem die Unternehmen doppelt oder dreimal so viel wie sonst einnehmen.“ Am Wochenende sei dagegen der Umsatz um 25 bis 35 Prozent zurückgegangen und das zum vierten Mal seit der Mobilisierung der Gelbwesten.
Für Präsident Emmanuel Macron ging es nach Akt vier der Proteste um die Zukunft seiner Präsidentschaft. Am Montagabend wollte er sich in einer Rede an die Franzosen wenden (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe). In den Umfragen rutscht er immer weiter ab. Auf nur noch 23 Prozent Beliebtheit kam er in einer Ifop-Umfrage, das sind sechs Prozent weniger als vor einem Monat. Und dabei fand die Befragung noch vor den letzten Protesten statt. Am meisten profitieren die Rechten. Marine Le Pen mit ihrem rechtsextremen Rassemblement National kommt auf 33 Prozent, fünf Prozent mehr als vor einem Monat. Jean-Luc Mélenchon (France Insoumise) erreicht 34 Prozent (minus ein Prozent). Die Republikaner von Laurent Wauquiez ruschten um drei Punkte auf 20 Prozent ab.
Gelbhemden bei den Europawahlen
Ipos hat in einer Umfrage getestet, was eine Partei der Gelbhemden (Gilets jaunes) bei den Europawahlen erreichen könnte: Den vierten Platz mit 12 Prozent, hinter Macrons La République en Marche, kurz LREM ( 21 Prozent), aber dicht hinter Rassemblement National (14 Prozent), Grünen (13 Prozent), Republikanern (11 Prozent) und France Insoumise (9 Prozent). Wären die Gilets jaunes nicht dabei, könnte Marine Le Pen auf 17 Prozent kommen, Mélenchon auf zwölf Prozent. Die Umfrage wurde von LREM bestellt und vor Samstag durchgeführt.
Macron traf heute die Sozialpartner, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, um über mögliche Maßnahmen zu diskutieren, um diese später in einer Botschaft an das Volk im Fernsehen zu übermitteln. Unter anderem wurden mehr Kaufkraft, Prämien für Geringverdiener, Nicht-Versteuerung von Überstunden, Kilometergeld und eine schnelle Abschaffung der Wohnsteuer für ärmere Haushalte diskutiert. Gewerkschaftsvertreter fordern, dass die Steuern für die Reichen angehoben werden. Laurent Berger, Generalsekretär der gemäßigten Gewerkschaft CFDT, der zum Treffen bei Macron geladen war, fordert: „Unser Sozialpakt des 21. Jahrhunderts muss neu belebt werden.“
Zeit für Eingeständnisse
Doch aus Kreisen seiner Regierung hieß es, es ginge noch um viel mehr als die Verkündung von einigen Maßnahmen, um die Gelbwesten zu beruhigen. Macron müsse sich entschuldigen und demütig erscheinen, je bescheidener er wirke, desto besser: „Er wird das Feuer nicht mit fünf Maßnahmen löschen können.“ Er müsse sich bei den Gelbwesten und den Großunternehmern gleichfalls verständlicgleichfalls verständlich machenh machen. Regierungssprecher Benjamin Griveaux verkündete vorher: „Er wird die Herzen der Franzosen wieder gewinnen.“ Und Bruno Le Maire äußerte sich überzeugt, dass der Präsident „die richtigen Worte finden wird“.
Einige Fehler hat Macron immerhin schon eingestanden. So ließ der Präsident in Gesprächen mit Bürgermeistern und Abgeordneten bereits verlauten, er habe mehrere Maßnahmen bereut, die er durchgesetzt hat. Darunter die Kürzung des Mietzuschusses, die Abschaffung der alten Vermögenssteuer und die Senkung des Tempolimits auf den Landstraßen auf 80 Stundenkilometer.
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