Nach Protesten der "Gelbwesten": Frankreich verschiebt Erhöhung der Öko-Steuer
Mit einem Aufschub bei der Ökosteuer will Frankreichs Präsident Macron die "Gelbwesten" besänftigen. Doch die wollen an ihrem Protest festhalten.
Die Regierung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron hat angesichts des Widerstands der „Gelbwesten“-Bewegung gegen die geplanten Steuererhöhungen auf Diesel und Benzin eingelenkt – zumindest ein bisschen. Am Dienstag kündigte Regierungschef Edouard Philippe an, dass die Steuererhöhungen für zunächst sechs Monate ausgesetzt werden sollten. Ursprünglich hatte Macron die Einführung der Ökosteuer zum 1. Januar 2019 geplant.
Wie Philippe weiter ankündigte, will sich die Regierung dafür einsetzen, dass die Strompreise bis zum kommenden Mai nicht steigen. Mit Blick auf den Rückzieher bei der Einführung der Ökosteuer sagte er: „Keine Steuer ist es wert, die Einheit der Nation zu gefährden.“ Den Plänen zufolge sollen Autofahrer demnächst für den Liter Diesel 6,5 Cent mehr zahlen, bei Benzin sollten es zusätzlich 2,9 Cent sein. Besonders Pendler auf dem Land begehren gegen die geplante Erhöhung auf.
Mit der Ankündigung des Moratoriums will die Regierung verhindern, dass sich Ausschreitungen bei Protesten der „Gelbwesten“ wie am vergangenen Wochenende in Paris wiederholen. Die Lage ist brenzlig, weil der Protest gegen die Ökosteuer, der inzwischen in eine grundsätzliche Forderung nach einer Verbesserung der Lebensverhältnisse umgeschlagen ist, in der Bevölkerung weiterhin eine große Sympathie genießt.
Die Vertreter der „Gelbwesten“ reagierten verhalten auf die Ankündigungen der Regierung. Eine Sprecherin der Gruppe „Yellow Friday Revolution“, in der sich die Demonstranten in der Region um Bordeaux zusammengeschlossen haben, bezeichnete die Aussetzung der Ökosteuer als ungenügend. „Die Aktionen werden fortgesetzt. Im Großen und Ganzen ändert sich nichts“, erklärte sie. Die Regierung lehnt die Forderung der „Gelbwesten“ nach generellen Steuersenkungen ab.
Umfragewerte des Präsidenten auf dem Tiefpunkt
Unterdessen stürzen die Umfragewerte Macrons weiter ab: Nach einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Ifop unterstützen nur noch 23 Prozent der Franzosen ihren Staatschef. Dabei ist die Unzufriedenheit nicht nur in ländlichen Regionen groß, wo sich der Protest der „Gelbwesten“ („gilets jaunes“) in erster Linie formiert. Der Ifop-Umfrage zufolge kann Macron abseits der Metropolen nur auf eine Unterstützungsrate von 22 Prozent bauen, während auch in den Städten sowie im Pariser Großraum nur 24 Prozent eine positive Meinung zu seiner Politik haben.
Schüler demonstrieren in Marseille
Unterdessen gehen auch immer mehr Schüler gegen den Präsidenten auf die Straße. In Marseille schlossen sich Gymnasiasten an 21 Oberschulen dem Protest der „gilets jaunes“ an. Dabei wurden die Zugänge an zehn Gymnasien in der südfranzösischen Stadt blockiert. Dass sich Schüler in Frankreich mit Protestbewegungen solidarisieren, ist nichts Ungewöhnliches. Als in der Ära des damaligen konservativen Staatschefs Jacques Chirac im Jahr 2006 ein umstrittener Ersteinstellungsvertrag mit weitreichenden Möglichkeiten zur Entlassung von Berufsanfängern eingeführt werden sollte, gingen die Schüler ebenfalls auf die Straße.
Die Vorsitzende der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National, Marine Le Pen, will offenbar weiter auf der Welle des nationalen Widerstands gegen Macrons Steuerpläne surfen. Per Twitter erklärte sie, dass eine vorübergehende Aussetzung der Ökosteuer eindeutig nicht den Erwartungen der Bevölkerung entspreche. Sie berief sich dabei auf die „Prekarität, mit der die Franzosen zu kämpfen haben“.