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"Der verrückte Trump und das Atomabkommen" titelte die iranische Zeitung "Omid Javan" am 14. Oktober 207 - aber so verrückt ist Trump vielleicht gar nicht.
© AFP

Iran: Teheran macht den Westen lächerlich!

Das Atomabkommen ist nicht nicht nur sinnlos, sondern äußerst kontraproduktiv. Die EU und USA müssen eine gemeinsame Front zeigen. Ein Gastbeitrag.

An einem kalten November Abend 2017 in den Haag, erschießt ein Attentäter Ahmed Mola Nissi vor seiner eigenen Haustür. Der Exil-Iraner und niederländische Staatsbürger wurde 52 Jahre alt.

Knapp über ein Jahr später wird ein afghanischer Sprachauswerter und landeskundlicher Berater der Bundeswehr wegen Spionagetätigkeit für den Iran festgenommen.

Auf ersten Blick sind es zwei voreinander unabhängige Zwischenfälle, doch tatsächlich stehen sie beide stellvertretend für dasselbe viel größere Problem.

Nissi war eine prominente Figur der "Bewegung Arabischer Kampf für die Befreiung von Ahwaz", einer Oppositionsgruppe, die sich für einen eigenen Staat im Westen Irans einsetzt. Die dortige Regierung hat die Gruppe folglich als terroristische Organisation eingestuft.

2015 wurde Ali Matomed, ein weiterer Oppositionspolitiker, in Amsterdam Opfer eines Mordanschlags. Die Spuren einer ganzen Serie an erfolgreichen und vereitelten Attentaten und Verschwörungen in den vergangenen Jahren nach Teheran. Auch der kürzlich bekannt gewordene Spionagefall der Bundeswehr ist einer dieser Fälle.

Die niederländischen Behörden haben inzwischen erstmals offiziell die iranische Regierung für den damaligen Mord in Den Haag verantwortlich gemacht. Dies und der Spionagefall in Deutschland haben westliche Politiker nun hoffentlich wachgerüttelt. Die Ermordungen von Nissi und Motamed lassen keine Zweifel mehr an dem Charakter des Landes, das die EU weiterhin zu tolerieren scheint. Es ist unverantwortbar anzudeuten, Europa sollte gegen ihren engsten und ältesten Verbündeten des letzten Jahrhunderts einen Schurkenstaat unterstützen.

Die US-Politik gegen den Iran ist nicht so falsch

Die ungeschickten Methoden der USA in jüngster Zeit haben weitgehend Kritik in den europäischen Medien geerntet. Dennoch: Wenn es um den Iran geht, liegen sie vielleicht nicht ganz so falsch. Das Atomabkommen mit Iran, offiziell „Joint Comprehensive Plan of Action“ (JCPOA), aus dem die USA neulich ausgestiegen sind, weist grundlegende Mängel auf. 

Westliche Vertreter hofften, das Abkommen könnte eine grundsätzliche Änderung in der Region herbeiführen. Für die iranische Regierung war es jedoch immer nur eine befristete Einschränkung. Die Unterbindung des iranischen Atomprogramms hätte nur Teil einer viel breiteren Bemühung sein sollen, deren regionalen Ambitionen zu bremsen. Sich allein auf das nukleare Arsenal Teherans zu konzentrieren – bislang freilich mit Erfolg – bedeutete den herben Verlust jeglichen Einflusses auf die unmittelbaren schädlichen Ambitionen Irans. 

Anders gesagt hat sich die Islamische Republik durch ihre Einhaltung des JCPOA im Grunde einen Blankoscheck erhalten, ihre aggressive Politik im Nahen und Mittleren Osten auszuweiten. Der Ehrgeiz westlicher Politiker den Erfolg des JCPOA zu garantieren, ist der Region teuer zu stehen gekommen.

Seitdem das Abkommen 2015 unterzeichnet wurde, hat die iranische Finanzierung und Bewaffnung von Hamas und Hisbollah massiv zugenommen. Deren regelmäßigen Raketenangriffe auf Israel haben mehrere Verletzte und Tote zur Folge gehabt und einen Frieden in der Region unwahrscheinlicher denn je zuvor erscheinen lassen. Gleichzeitig ist es die iranische Unterstützung schiitischer Huthi in Jemen zuzuschreiben, dass der Krieg sich so lang hingezogen hat. Obgleich die arabische Koalition den Hauptteil der Kritik für die humanitäre Lage im Land geerntet hat, sollte man sich bewusst sein, dass die Huthi für die schwersten Kriegsverbrechen des Konflikts verantwortlich sind. Laut Vereinigten Nationen gehören dazu unter anderem die Nutzung von Kindersoldaten, Folter, Vergewaltigung, und menschlicher Schutzschilder.

Die neuen Sanktionen betreffen seit November die meisten Hauptindustrien Irans wie Öl, die Handelsschifffahrt und den Finanzsektor. Geschäftsbeziehungen mit Personen auf der Sperrliste sind laut dem US Justizministerium untersagt. Das heißt auch, dass weitere Beziehungen mit dem Iran Handel mit den USA unmöglich machen. 

Teheran nutzt die Uneinigkeit zwischen EU- und US-Politik aus

Auch wenn Präsident Trump oft berechtigt kritisiert wird, sind solche entschiedenen Sanktionen anscheinend die einzige politische Botschaft, die in Teheran ankommt. Die Methode ist drakonisch und der Gesprächston unerbittlich, aber mit der Zeit kann dieser Ansatz die Fähigkeit Teherans einschränken, sein Programm in der Region auszuführen. 

Mit ihrer großen Entfernung von Irans Aktivitäten, ist es nicht allzu überraschend, dass die EU zögert, der JCPOA zu entsagen.

Die iranische Regierung nutzt die Uneinigkeit zwischen europäischer und amerikanischer Politik aus - solange diese Kluft durch eine Kursänderung der EU nicht überbrückt ist, werden wir in den nächsten Jahren höchstwahrscheinlich weiter destruktives Verhalten, mit Sprengstoffanschlägen und Attentaten, aus Teheran sehen.

Eine vereinte Front, unter anderem durch gemeinsame Sanktionen, würde eine klare Botschaft senden und wirtschaftliche Einschränkungen mit sich bringen, die Iran zwingen würden, sich vermehrt auf innere Angelegenheiten zu konzentrieren. 

Am 8. Januar tat die EU vielleicht den ersten Schritt in diese Richtung. In Anbetracht der niederländischen Enthüllungen wurden kleinere Sanktionen gegen den iranischen Geheimdienst und den stellvertretenden Geheimdienstminister verkündet. 

Das reicht aber noch lange nicht, besonders wenn die EU den JCPOA selbst weiter unterstutzt und sich weigert seine Mängel anzusprechen. Iranische Verstöße werden sich mehren und die Stabilität der Region weiter unter der iranischen Agenda leiden. Die EU muss sich zu bedeutungsvollen Maßnahmen gemeinsam mit ihrem transatlantischen Partner verpflichten, um diesem skrupellosen Verhalten entgegenzutreten.

- Majid Rafizadeh ist Präsident des International American Council und Vorstandsmitglied der Harvard International Review.

Majid Rafizadeh

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