Nach Kritik an Polizei-Kolumne: „taz“-Autorin verlangt Unterlassung von Seehofer
Die Journalistin Hengameh Yaghoobifarah hat den Innenminister aufgefordert, seine Straftaten-Vorwürfe zurückzunehmen. Ihr Anwalt kritisiert „Vorverurteilung“.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) soll öffentlich getätigte Aussagen über die Autorin der umstrittenen „taz“-Kolumne „All cops are berufsunfähig“ zurücknehmen. Wie das Ministerium dem Tagesspiegel mitteilt, habe die Journalistin Hengameh Yaghoobifarah über ihren Rechtsanwalt ein „Unterlassungsbegehren hinsichtlich öffentlicher Äußerungen des Ministers zu dem Fall an das Ministerium gerichtet“ und mit einem gerichtlichen Eilverfahren gedroht.
Ein entsprechendes anwaltliches Schreiben sei bereits Anfang Juli eingegangen. Seehofer hat darauf bisher nicht reagiert und die gesetzte Frist verstreichen lassen.
Mülldeponie als Option für Polizisten
Yaghoobifarah hatte im Juni in einer Kolumne in der „tageszeitung“ Polizeibeamten ein „Fascho-Mindset“ vorgeworfen und in satirisch überzogener Weise erörtert, welche Berufe Beamtinnen und Beamte ausüben könnten, wenn die Polizei aufgelöst würde. Als „geeignete Option“, so die vermeintliche Pointe, bliebe nur die Mülldeponie, „wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind.“
Die Kolumne wurde von Polizeigewerkschaften und Politikern kritisiert. Minister Seehofer warf Yaghoobifarah in der „Bild“-Zeitung vor, auf diese Weise zu Gewalttaten gegen Polizisten beizutragen.
Der Minister erklärte, die Autorin habe „Straftatbestände erfüllt“
Ursprünglich hatte Seehofer eine Strafanzeige angekündigt, dies jedoch zurückgezogen und stattdessen eine Beschwerde beim Presserat eingereicht. In einer Pressemitteilung erklärte er daraufhin, es handele sich bei dem Artikel um einen „schweren Verstoß gegen den Pressekodex“, der aufgrund seiner „menschenverachtenden Wortwahl auch Straftatbestände erfüllt“.
Mit seiner Aussage, dass „die Delikte“ zumindest teilweise bereits durch die Staatsanwaltschaft „von Amts wegen zu prüfen“ seien, deutete Seehofer an, dass Yaghoobifarah außer einer Beleidigung, die ein so genanntes Antragsdelikt ist, auch eine Volkverhetzung begangen haben soll.
Der Presserat hat die Beschwerden zu der Kolumne am Dienstag unter Hinweis auf die Meinungsfreiheit zurückgewiesen. Zuvor hatte der Tagesspiegel bereits berichtet, dass die Berliner Staatsanwaltschaft mangels Anfangsverdacht auch keine Ermittlungen gegen Yaghoobifarah aufnehmen wird.
Ob es eine Klage gegen den Minister gibt, ist offen
Der Anwalt der Journalistin Johannes Eisenberg bestätigt, das Ministerium zur Unterlassung aufgefordert zu haben. Es habe für seine Mandantin ein „massives Spießrutenlaufen“ gegeben, sagte Eisenberg. Dies sei eine „Folge der von dem Bundesinnenminister vorgenommenen und zu verantwortenden Vorverurteilung“ gewesen.
Ob noch ein Gerichtsverfahren gegen Seehofer folgt, wenn dieser bei seiner Weigerung bleibt, ließ der Anwalt offen. Er wolle dazu zunächst die abschließende Entscheidung der Staatsanwaltschaft abwarten. Zunächst sei es erforderlich gewesen, „die persönliche Sicherheit der Mandantin sichern zu lassen“.
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