Österreich: Tabubruch im Burgenland: SPÖ und FPÖ gehen zusammen
Die rechtspopulistische FPÖ ist im Burgenland nach den letzten Wahlen genauso stark wie die beiden großen Parteien. Warum die sozialdemokratische SPÖ jetzt eine Verbindung mit der rechten FPÖ eingeht.
Burgenländer sind für die Österreicher so etwas wie die Ostfriesen für die Deutschen. Schon beim Wort „Burgenlandwitz“ fangen die meisten Alpenländler an zu kichern. Derzeit bleibt vielen Menschen im südlichen Nachbarland das Lachen aber im Hals stecken, wenn der Name des bevölkerungsärmsten und östlichsten Bundeslandes fällt. Denn in der Landeshauptstadt Eisenstadt wollen die Sozialdemokraten mit der rechtspopulistischen FPÖ regieren. Der Sozialdemokrat Hans Niessl geht nach 15 Jahren als allein regierender Landeshauptmann eine Bindung mit den Blauen ein – und bringt seine Genossen damit in Probleme. Der Sozialdemokrat und Ex-Bundesfinanzminister Ferdinand Lacina forderte SPÖ-Chef und Bundeskanzler Werner Faymann schon zum Rücktritt auf, weil er seine Partei nicht mehr im Griff habe. Und etliche Sozialdemokraten haben mit dem Parteiaustritt gedroht.
Grundsätzlich ist eine Koalition mit den Freiheitlichen nichts Neues im Land, in dem der verstorbene Rechtspopulist Jörg Haider einst Ausländerfeindlichkeit in Europa propagierte. Schon die Sozialdemokraten Fred Sinowatz und Franz Vranitzky ließen sich von der FPÖ zum Kanzler machen. Damals vertraten die Blauen kurzzeitig allerdings einen liberalen Kurs. Im Jahr 2000 ging der konservative ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel mit der FPÖ unter Haider eine Koalition auf Bundesebene ein und riskierte eine Isolation in Europa. Im Bundesland Kärnten stellten die Blauen bis 2013 den Landeshauptmann. Und in Vorarlberg war die FPÖ immerhin als Juniorpartner eingebunden.
Ausländerfeindliche Stimmung
Das neue rot-blaue Bündnis ist vor allem vor dem Hintergrund der ausländerfeindlichen Stimmung, die in jüngster Zeit eine neue Qualität in Österreich bekommen hat, brisant. So bestimmte das Asylthema den Wahlkampf im Burgenland und in der Steiermark. In beiden Bundesländern hat die FPÖ bei den Landtagswahlen vor einer Woche ihren Stimmenanteil mindestens verdoppelt. In der steirischen Landeshauptstadt Graz ist sie nun sogar gleichauf mit SPÖ und ÖVP. Dort wird es aller Voraussicht nach trotzdem zu einer großen Koalition kommen.
Der steirische ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer griff nach Bekanntgabe der burgenländischen Koalition die vermeintliche Angst der Bevölkerung auf und plädierte für eine Deckelung bei den Flüchtlingen. Selbst Kärntens sozialdemokratischer Landesvater Peter Kaiser sprach sich für eine Beschränkung der Flüchtlingszahlen aus. Es ist davon auszugehen, dass solche Töne die Stimmung in Österreich auch weiterhin prägen werden. Denn im Herbst sind Landtagswahlen in Oberösterreich und in der Hauptstadt Wien. Dort rechnet sich FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Chancen auf den Sieg aus.
Die halbherzigen Reformen der großen Koalition auf Bundesebene sowie der Streit zwischen ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und den (meist sozialdemokratischen) Landespolitikern über eine gleichmäßige Verteilung von Asylsuchenden auf alle Bundesländer bieten den Rechten derzeit regelmäßig Steilvorlagen. Angesichts des Streits zwischen den beiden Großparteien könnte sich Haiders politischer Ziehsohn Strache auch entspannt nach Ibiza zurückziehen und erst am Wahlabend nach Wien zurückkehren, sagte Schützenhöfer schon selbstkritisch.
Ingo Hasewend
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