Kampf gegen die Dschihadisten: Syriens Kurden verhaften nach Großangriff wichtigen IS-Geldbeschaffer
In Rakka nehmen SDF-Einheiten einen Funktionär des „Islamischen Staates“ fest. Noch immer müssen Syriens Kurden auch deutsche Dschihadisten bewachen.
In Syrien haben Einheiten der multiethnischen Militärallianz SDF einen ranghohen Netzwerker des „Islamischen Staates“ festgenommen. Mohammed Ahmed Karz soll verbliebene IS-Zellen mit Geld versorgt haben, teilte die SDF schon am Sonntag mit: Dabei habe der Dschihadist auch Gelder aus der Türkei und dem von Islamisten kontrollierten Idlib in Syrien verwaltet.
Die SDF, deren Hauptkraft die kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG sind, hatten 2017 die einstige „IS-Hauptstadt“ Rakka in Nordsyrien vom IS befreit. Doch bis heute kontrollieren die Dschihadisten in Syrien und Irak einzelne Orte und sind flächendeckend im Untergrund aktiv.
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Zehntausende IS-Anhänger leben zudem weitgehend unbehelligt in Gefangenencamps in Nordsyrien. Diese Zeltstädte müssen von der Autonomieregierung mit Essen und Energie versorgt und unter hohem Risiko bewacht werden.
Der nun verhaftete Karz soll in Rakka die für den Dschihad üblichen „Steuern“ eingetrieben haben. Der IS-Funktionär stammt aus der Nähe Aleppos und könnte, sagen Kenner der Lage, zum verheerenden Angriff von IS-Männern und gefangenen Dschihadisten im Januar beigetragen haben: Der IS hatte ein Gefangenencamp bei Hasaka überfallen, um inhaftierte Dschihadisten zu befreien. Bei den tagelangen Kämpfen starben mindestens 300 Männer und Frauen.
Nach dem IS-Großangriff auf das Gefangenencamp forderte Nordsyriens Autonomieregierung internationale Hilfe, schon weil dort Tausende IS-Anhänger und deren Kinder leben, die gar nicht aus Syrien stammen. Unter ihnen befindet sich noch eine zweistelle Zahl aus Deutschland zum IS gereister Islamisten.
Das Auswärtige Amt (AA) hatte in den vergangenen Jahren zwar IS-Anhängerinnen und ihre Kinder nach Deutschland zurückgeholt. Doch das AA führt nur sporadisch und inoffiziell Gespräche mit der Regionalregierung. Denn in der auch Rojava genannten Region regiert seit 2012 eine Koalition unter Führung der säkularen Kurdenpartei PYD. Von ihr distanziert sich Deutschland aus Rücksicht auf den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan.
Türkei greift auch Syriens Kurden an
Erdogan betrachtet die PYD als Schwesterverband der auch in Deutschland verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans PKK, die seit Jahrzehnten in der Türkei um kurdische Autonomie kämpft. Ankaras Armee hat in Nordsyrien deshalb mehrfach die Militärallianz SDF angegriffen, der neben kurdischen, arabische und assyrische Einheiten angehören. Am Sonntag soll ein SDF-Angehöriger durch türkische Truppen nördlich von Rakka getötet worden sein.
Die Bundesregierung verweist immer wieder darauf, man habe keine diplomatischen Beziehungen zu Syrien, seit die Botschaft in Damaskus des Krieges wegen geschlossen wurde. Belgien, Schweden und Frankreich suchen dagegen auch offiziell Kontakt zur Autonomieregierung in Nordsyrien.
Seit einigen Jahren halten die Türkei und mit ihr verbündete Islamisten einst von den SDF kontrollierte Städte in Nordsyrien besetzt. Die Türkei bombardiert zudem regelmäßig mutmaßliche PKK-Stellungen im angrenzenden Nordirak. Die SDF werfen der Türkei vor, so auch den IS zu stärken.
Auch Syriens Zentralregierung unter Baschar al Assad lehnt die Autonomieverwaltung in Rojava ab. Nicht nur die USA erkennen die syrisch-kurdische Selbstverwaltung dagegen an. Im Osten der Region stehen US-Truppen, die mehrheitlich kurdischen SDF wurden von den Amerikanern unterstützt. In Idlib töteten US-Spezialkräfte vor einigen Wochen den amtierenden IS-Chef Abu Ibrahim al-Haschimi al-Kuraischi.