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Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) will einen EU-Beschluss für Albanien und Nordmazedonien noch im Juni.
© picture alliance/dpa

Europäische Union: Streit um Albanien und Nordmazedonien

Während Europa-Staatsminister Roth (SPD) einen EU-Beschluss für Nordmazedonien und Albanien noch im Juni will, dringt die Union im Bundestag auf mehr Zeit.

Wenn es nach Michael Roth geht, dann soll die EU noch im Juni einen Beschluss über den Beginn von Beitrittsgesprächen mit Albanien und Nordmazedonien fassen. „Wir stehen im Wort und sollten unsere Zusagen einhalten“, sagte der Europa-Staatsminister im Auswärtigen Amt dem Tagesspiegel. Der SPD-Politiker erinnerte daran, dass man bereits vor einem Jahr „im Kreise der EU einen eindeutigen Zeitplan beschlossen“ habe, dem zufolge der Weg zur Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit den beiden Westbalkan-Ländern im Juni 2019 abgesteckt werden soll.

Allerdings stellt sich die Union bei einem baldigen Beschluss quer. Nach dem Willen von CDU und CSU soll zunächst einmal der Bundestag über die Aufnahme von Beitrittsgesprächen entscheiden – und zwar erst nach der Sommerpause im September.

Eine Beteiligung des Bundestags ist bei einem Start von EU-Verhandlungen mit potenziellen Neumitgliedern zwingend vorgesehen. Nach den Worten von Unionsfraktions-Vize Johann Wadephul kann eine Prüfung der Frage, ob Albanien und Nordmazedonien reif für den Beginn von Beitrittsgesprächen sind, „nicht im Hauruckverfahren geschehen“. „Insofern wird der Deutsche Bundestag erst Ende September über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen entscheiden können – so, wie es mit den Kollegen der SPD-Bundestagsfraktion abgesprochen ist.“

Union: Kein funktionierendes Justizsystem in Albanien

Dass er für eine Entscheidung des Bundestag noch im Juni keine Möglichkeit sieht, begründete Wadephul unter anderem damit, dass es in Albanien „nach wie vor kein funktionierendes Justizsystem“ gebe. „Insofern braucht Albanien noch weitere Zeit, um sich auf die Beitrittsverhandlungen vorzubereiten“, erklärte der CDU-Politiker weiter. „Das Land sollte äußerste Anstrengungen unternehmen, damit sich die Voraussetzungen für eine positive EU-Entscheidung im September verbessern.“

Dies sieht Außenamts-Staatsminister Roth allerdings anders. Mit Blick auf die politischen Entwicklungen und anstehende Wahlen in der Westbalkan-Region sei der Juni für eine Entscheidung über den Beginn von Beitrittsverhandlungen „der beste Zeitpunkt“, sagte er. „Ein rechtzeitiges, positives Votum zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien erfordert ein wenig Mut, aber noch mehr Weitblick“, fügte er hinzu.
In den Region des westlichen Balkans ringen die EU, Russland, China und die Türkei um Einfluss. „Für die EU geht es nicht nur um vitale Sicherheitsinteressen, sondern auch um ihre Glaubwürdigkeit“, sagte Roth weiter.

Zuvor hatte die EU-Kommission am vergangenen Mittwoch empfohlen, dass die Staats- und Regierungschefs der EU Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien aufnehmen. Zur Begründung hatte es geheißen, dass beide Länder „beeindruckende Reformen in der Justiz und im Kampf gegen Korruption“ umsetzten. Die gegenwärtige rumänische EU-Präsidentschaft hat das Thema auf die Tagesordnung der Europaminister am 18. Juni genommen. Der EU-Gipfel soll sich zwei Tage später mit dem Thema allerdings nur dann befassen, wenn es genügend Fortschritte beim Treffen der Europaminister gibt.

Bedenken auch in Frankreich und den Niederlanden

Angesichts des sich im Bundestag abzeichnenden Verfahrens ist nun eher unwahrscheinlich, dass es bereits im Juni zu einem EU-Beschluss über Albanien und Nordmazedonien kommt. Zudem gehört im Kreis der EU-Staaten nicht nur Deutschland zu den Blockierern. Auch Frankreich und die Niederlande sehen einen baldigen Beginn von Beitrittsgesprächen skeptisch. Auf EU-Ebene wird ein einstimmiger Beschluss benötigt, damit die Verhandlungen mit Tirana und Skopje beginnen können.

Albrecht Meier

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