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Eine Journalistin in der Türkei demonstriert für die Freilassung ihres Kollegen Ahmet Altan.
© AFP
Update

Türkei: Strafgerichte widerrufen Freilassung von Journalisten

Das türkische Verfassungsgericht hat die Entlassung zweier Journalisten aus der Untersuchungshaft angeordnet. Doch die zuständigen Gerichte in Istanbul, die den Beschluss umsetzen sollten, stellen sich quer.

In Istanbul haben Strafgerichte die Fortdauer der Haft für zwei Journalisten angeordnet und sich damit der Forderung des Verfassungsgerichts nach ihrer Freilassung widersetzt. Das Strafgericht habe die Fälle von Mehmet Altan und Sahin Alpay im Lichte der Entscheidung der Verfassungsrichter neu bewertet, meldeten die Nachrichtenagenturen Dogan und Anadolu am Donnerstagabend. Es habe aber die Anträge der beiden auf Entlassung aus der Haft abgewiesen. "Die zuständigen Strafgerichte in Istanbul widerrufen am Abend das Urteil des Verfassungsgerichts (dem höchsten Gericht im Land) - und lassen die Journalisten nicht frei", berichtete auch die ARD-Korrespondentin in Istanbul, Katharina Willinger, auf Twitter. Eigentlich seien die Strafgerichte für die Umsetzung des Beschlusses zuständig.

Zur Begründung hieß es, die Gerichte seien noch nicht offiziell über die Entscheidung der Verfassungsrichter informiert worden. Ob die Verzögerung eine bloße Formalität war oder eine grundsätzliche Ablehnung des Verfassungsgerichtsurteil durch die Schwurgerichte bedeutete, blieb unklar.

Das Verfassungsgericht in Ankara hatte zuvor die Rechte von Sahin Alpay und Mehmet Altan verletzt gesehen und ihre Freilassung verfügt. Den beiden wird in unterschiedlichen Verfahren Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen. Alpay und Altan sitzen seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft.

Verfassungsgericht gab den Journalisten Recht

Die beiden und der „Cumhuriyet“-Journalist Turhan Günay, der bereits zuvor aus der Untersuchungshaft entlassen worden war, hatten individuelle Beschwerde beim Verfassungsgericht eingelegt. Sie beklagten etwa, dass gegen ihr Recht auf Freiheit und Sicherheit, Meinungs- und Pressefreiheit verstoßen wurde. Das Verfassungsgericht gab ihnen Recht.

Nach Meinung von Experten ist die Entscheidung des Verfassungsgerichts ein Präzedenzfall für andere Journalisten in türkischer Untersuchungshaft. Etwa könnte sich das Urteil positiv auf den Fall des inhaftierten „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel auswirken, der ebenfalls Beschwerde beim Verfassungsgericht eingereicht hatte. (mit dpa, Reuters)

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