Bundesverfassungsgericht: Stephan Harbarth wird erster Mann der dritten Gewalt
Der CDU-Fraktionsvize Stephan Harbarth ist zum Verfassungsrichter gewählt worden. Fachlich ist der Konservative exzellent. Dennoch gibt es Kritik. Ein Porträt.
Stephan Harbarth hat sich auf den Weg gemacht, der erste Mann der dritten Gewalt zu werden: Der Unionsfraktionsvize im Bundestag ist mit 452 von 652 abgegebenen Stimmen von CDU, SPD, Grünen und FDP zum Richter am Bundesverfassungsgericht gewählt worden. Er folgt auf Ferdinand Kirchhof, der mit 68 Jahren altersbedingt ausscheidet.
In zwei Jahren wird Harbarth dann voraussichtlich Andreas Voßkuhle als derzeitigen Gerichtspräsidenten beerben. Auch wenn seine Stimme dann immer noch genauso viel Gewicht hat wie die der 15 weiteren Richterinnen und Richter – qua Amt ist er dann oberster Wächter über die Einhaltung des Grundgesetzes.
Fachlich ist der 46-Jährige über jeden Zweifel erhaben. Er studierte erst Jura in seiner Heimatstadt Heidelberg und dann an der Eliteuniversität Yale in den USA. Dem Honorarprofessor an der Juristischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg eilt ein exzellenter juristischer Ruf voraus. Im Bundestag ist der CDU-Politiker, der stark durch Volker Kauder gefördert wurde, für Innen- und Rechtspolitik zuständig.
Doch jüngst musste sich der stille und zurückhaltende Sachpolitiker der Kritik erwehren: Die Großkanzlei Schilling, Zutt & Anschütz (SZA), der er als Wirtschaftsanwalt angehört, vertritt den VW-Konzern im Dieselskandal. Er selbst sagt, er habe mit diesem Mandat nichts zu tun.
Politisch gilt der dreifache Familienvater als konservativ. Der Katholik war seit 1987 Mitglied der Jungen Union, danach bei der CDU. Seit 2009 sitzt er als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Rhein-Neckar im Bundestag. Er ist ein erklärter Gegner der Homo-Ehe und Befürworter der Vorratsdatenspeicherung. Insbesondere die Grünen zogen ihn aber immer noch dem ursprünglich für Karlsruhe vorgesehenen Günter Krings (CDU) vor, der als parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium eng mit Horst Seehofer (CSU) zusammenarbeitet.
Dass Harbarth als aktiver Politiker nach Karlsruhe wechselt, wird mitunter kritischer diskutiert – die weitaus meisten seiner neuen Kollegen waren zuvor Verfassungsrechtler an einer Universität. Ungewöhnlich ist es aber nicht: Auch der Verfassungsrichter Peter Müller war kurz zuvor in der Politik als Ministerpräsident des Saarlandes in der Politik aktiv. Und Peter M. Huber wechselte sogar nahtlos von seinem Amt als Innenminister in Thüringen nach Karlsruhe.