Nach rassistischen Angriffen auf Migranten: Steinmeier spricht mit Cottbuser Bürgern im Schloss Bellevue
Über die teilweise angespannte Situation in ihrer Stadt redete der Bundespräsident mit Cottbusern - auch, um seinen Besuch im Juni dort vorzubereiten.
Nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen in Cottbus hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Vertreter aus der Stadt im Schloss Bellevue empfangen. Steinmeier habe sich für weitere Gespräche in Cottbus angekündigt, teilte das Bundespräsidialamt am Dienstag nach dem Treffen in Berlin mit. Die Teilnehmer des Treffens hätten vereinbart, im Gespräch zu bleiben.
Brandenburgs zweitgrößte Stadt ist bundesweit in die Schlagzeilen geraten. Zum einen gab es mehrere gewalttätigen Übergriffen durch junge Syrer. Zum anderen häuften sich Angriffe von Rechtsextremen auf Migranten und ihre Unterkünfte. Binnen zwei Jahren hat sich der Ausländeranteil in Cottbus auf fast neun Prozent vervierfacht. Zugleich kämpft die Lausitz mit dem Niedergang des Kohlebergbaus und den Folgen der Deindustrialisierung in den Wendejahren. Nach den Zwischenfällen im Janaur wurde die Polizeipräsenz aufgestockt, und bis auf Weiteres werden auf Anweisung des Landes keine weiteren Flüchtlinge aus der Erstaufnahmeeinrichtung in die Stadt verteilt.
Auch Vertreter des FC Energie Cottbus waren dabei
Steinmeier habe den Vertretern aus Politik, Kirchen, Bildung, Wirtschaft und Sport gedankt, dass sie sich öffentlich für ein gutes Zusammenleben in der Stadt einsetzten, hieß es weiter. Über konkretere Details des zweistündigen Gesprächs wurde nichts bekannt. Unter den geladenen Gästen war auch der Cottbuser Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU). Er habe das Gespräch als offen, wichtig und ermutigend empfunden, sagte ein Sprecher der Stadt. Der ebenfalls geladene Präsident der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg, Jörg Steinbach, sprach von einer sehr großen Ernsthaftigkeit und von großem Interesse. Zu den weitere Gästen zählten unter anderem Vertreter des Fußball-Regionalligisten FC Energie Cottbus, der Wirtschaftskammern und des Cottbuser Menschenrechtszentrums.
Ende Juni will Steinmeier Cottbus besuchen
"Ich habe klar gemacht, dass ich die Ursachen für Unsicherheit und Unzufriedenheit der Menschen beim Strukturwandel in der Region sehe", sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Cottbuser Industrie- und Handelskammer (IHK), Maik Bethke, nach dem Gespräch. Dieses habe dazu gedient, zwei Besuche Steinmeiers in Cottbus vorzubereiten, sagte Bethke. Nach Angaben des Bundespräsidialamts reist Steinmeier Ende Juni nach Cottbus. "Ich nehme zumindest mit, dass wir das Thema in Bellevue platziert haben", sagte Bethke. Vor allem das Thema Rechtsextremismus stehe bei Steinmeier weit oben auf der Agenda. In der Stadt habe sich die Stimmung etwas entspannt, seit Brandenburgs Landesregierung weitere Flüchtlingszuweisungen nach Cottbus gestoppt und die Polizeipräsenz erhöht habe, sagte Bethke. "Die spannende Frage ist, wie sich die Stadtgesellschaft in den kommenden Monaten positioniert."
Das Bündnis "Zukunft Heimat", das die Unterbringung von Ausländern in Cottbus ablehnt, hat für Samstag zu einer erneuten Großdemonstration aufgerufen. (mit dpa/AFP)