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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
© Axel Heimken/dpa

Große Koalition: Steinmeier drängt zu rascher Regierungsbildung

Es gibt Kritik aus den eigenen Reihen an SPD-Chef Schulz vor Beginn der Groko-Gespräche. Gabriel: Partei kann stolz auf Streitkultur sein.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hofft nach dem knappen Ja der SPD zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union auf eine baldige Regierungsbildung. Alle spürten, „dass die Menschen in Deutschland erwarten, dass jetzt mehr als vier Monate nach der Bundestagswahl wieder eine Regierung zustande kommt“, sagte Steinmeier am Montag in Hamburg. Er erwarte aber ein zähes Ringen. „Ich bin lang genug in der Politik, um zu wissen, dass das keine Frage des Glaubens ist.“

Vor dem Start der Koalitionsverhandlungen beansprucht die SPD noch Zeit für interne Beratungen. Sie müsse weiter klären, „auf welcher Grundlage, welcher strukturellen und auch mit welcher personellen Zusammensetzung“ sie in die anstehenden Gespräche mit der Union gehe, sagte SPD-Chef Martin Schulz in Berlin nach einer Sitzung der Bundestagsfraktion. Am Abend wollte er sich mit den Parteichefs von CDU und CSU, Kanzlerin Angela Merkel und Horst Seehofer, treffen und über den weiteren Ablauf sprechen. Die Koalitionsverhandlungen sollen in dieser Woche beginnen.

Der SPD-Sonderparteitag in Bonn hatte am Sonntag Verhandlungen über eine Neuauflage der großen Koalition knapp gebilligt, die SPD-Führung aber aufgefordert, noch mehrere Punkte durchzusetzen: die Abschaffung grundlos befristeter Arbeitsverhältnisse, die Überwindung der „Zwei-Klassen-Medizin“ und eine „weitergehende Härtefallregelung“ für den Familiennachzug von Flüchtlingen.

Schulz soll auf Ministeramt verzichten

Schulz sieht sich vor Beginn der Gespräche mit Angriffen aus den eigenen Reihen konfrontiert. Am Montag wurden Forderungen erhoben, der SPD-Chef solle auf ein Ministeramt in einer neuen großen Koalition verzichten. „Wir brauchen einen Parteivorsitzenden, der nicht Mitglied der Regierung ist“, sagte der baden-württembergische SPD-Vize Frederick Brütting der dpa. Schulz müsse vor dem Mitgliedervotum über das Resultat der Koalitionsverhandlungen klarstellen, ob er bei dem Versprechen bleibe, nicht Minister unter Merkel zu werden. „Die Mitglieder müssen wissen, worüber sie an der Stelle abstimmen und ob Schulz bei seinem Wort bleibt.“ Kritik an Schulz wurde auch in der SPD-Bundestagsfraktion laut. Mehrere Abgeordnete monierten nach Angaben von Teilnehmern den Schlingerkurs der Parteiführung bei der Regierungsbildung und den wenig kämpferischen Auftritt des Vorsitzenden auf dem Parteitag. Schulz hielt den Kritikern entgegen, er habe mit einem betont sachlichen Vortrag Groko-Gegner überzeugen wollen.

Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel zog unterdessen eine positive Bilanz des Parteitags. „Die SPD hat gezeigt, dass sie eine lebendige Partei ist“, sagte er dem Tagesspiegel: „Das täte auch anderen Parteien gut, scheinbar traut man sich das dort nicht.“

Auch Altkanzler Gerhard Schröder begrüßte das Ergebnis des Parteitags. „Ich habe mich über das Ergebnis gefreut. Ich halte es für vernünftig und hoffe, ich bin ganz sicher, dass die kollektive Vernunft der Mitglieder dazu führen wird, dass man die Ergebnisse, die die Verhandlungskommission jetzt erreichen wird, auch akzeptiert“, sagte er in Schwedt.

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