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Am Sonntag demonstrierten Hongkonger für die verschwundenen Verlagsmitarbeiter.
© dpa

Verschwundene Verlagsmitarbeiter in Hongkong: Steckt China dahinter?

Von fünf Mitarbeitern eines chinakritischen Verlages in Hongkong fehlt jede Spur. Hat China die Menschen auf das Festland entführt?

Es ist am Dienstag in Peking ein bisschen unglücklich gelaufen für den britischen Außenminister Philip Hammond, dessen Land gerade das „Goldene Zeitalter“ in den Beziehungen zu China eingeläutet hat. Unmittelbar vor einer Pressekonferenz mit seinem chinesischen Kollegen Wang Yi wurde bekannt, dass der zuletzt in Hongkong verschwundene Mitarbeiter eines chinakritischen Buchverlages auch einen britischen Pass besitzt. Und weil hinter dieser und vier weiteren Entführungen die chinesischen Behörden vermutet werden, musste Philip Hammond plötzlich einige kritische Fragen beantworten. Der britische Außenminister tat allerdings Fragen nach einer möglichen Beteiligung Chinas ab: „Ich glaube, Sie spekulieren da ein bisschen darüber, was passiert ist.“

Der Fall belastet auch die britisch-chinesischen Beziehungen

Trotzdem belastet der Fall der fünf möglicherweise von China festgesetzten oder sogar entführten Hongkonger Verlagsmitarbeiter die britisch-chinesischen Beziehungen. Großbritannien hatte 1997 die Kronkolonie Hongkong an China zurückgegeben – unter der Voraussetzung, dass die Finanzmetropole nach dem Konzept „ein Land, zwei Systeme“ verwaltet wird. So herrscht in Hongkong im Gegensatz zu Festlandchina Meinungs- und Pressefreiheit. Doch das politische System der südchinesischen Millionenmetropole ist von Festlandchina in den vergangenen Jahren ausgehöhlt worden. Das beklagen vor allem die demokratischen Parteien der Stadt.

Albert Ho von der Demokratischen Partei sagte am Sonntag, er vermute, dass chinesische Sicherheitsleute hinter der Entführung des am Mittwoch verschwundenen Lee Bo stecken. Dessen Verlag soll nach Hos Informationen an einem Buch über das Liebesleben des amtierenden chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping gearbeitet haben. „Lee Bos Fall ändert alles“, erklärte auch der Hongkonger Publizist Bao Pu dem „Guardian“. „Der Fall zeigt, dass das Prinzip ,ein Land, zwei Systeme‘ vollständig kollabiert ist.“

Bereits seit Oktober fehlt jede Spur von vier Mitarbeitern des Verlages Mighty Current 

Dabei ist das Verschwinden Lee Bos weiterhin mysteriös. Bereits im Oktober fehlt jede Spur von vier Mitarbeitern des Verlages Mighty Current, der chinakritische Bücher veröffentlicht. Drei sind nördlich von Hongkong in der chinesischen Stadt Shenzhen verschollen, ein Mitarbeiter mit schwedischem Pass verschwand sogar im Urlaub in Thailand. Seit Mittwoch wird auch Lee Bo vermisst.

Seine Frau erklärte, ihr Mann sei nicht zum Abendessen gekommen und habe stattdessen aus Shenzhen angerufen und gesagt, dass er wegen der „Mithilfe bei einer Untersuchung“ so bald nicht zurückkommen werde. Sie war überrascht, dass er nicht wie in der Region üblich Kantonesisch mit ihr gesprochen hat, sondern Mandarin, die offizielle Sprache Festlandchinas. Lees Frau hat allerdings inzwischen ihre Vermisstenanzeige bei der Polizei zurückgezogen. „Das riecht nach Einschüchterung“, sagt William Nee von der Menschenrechtsgruppe Amnesty International.

Der chinesische Außenminister äußerte sich am Dienstag nicht näher zu dem Fall, betonte allerdings, dass der Vermisste Lee Bo in erster Linie chinesischer Staatsbürger sei. Zudem sagte Wang Yi: „Wir werden das Prinzip ,ein Land, zwei Systeme‘ aufrechterhalten.“ Claudia Mo bezweifelt das. Die Hongkonger Abgeordnete der liberaldemokratischen Civic Party hatte zuvor bereits erklärt, Hongkong werde Festlandchina immer ähnlicher und auf chinesische Art kommunistischer.

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