Angela Merkel in China: Flüchtlingshilfe aus Peking?
Bundeskanzlerin Angela Merkel sucht bei ihrer Chinareise Unterstützung in der Syrienkrise. Der Besuch in Peking findet allerdings unter erschwerten Rahmenbedingungen statt.
Was die Beziehungen zu China betrifft, hat Großbritannien in der vergangenen Woche auf beeindruckende Weise vorgelegt. Die britische Regierung hofierte vier Tage lang den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping, verzichtete auf heikle Themen wie Menschenrechte oder Südchinesisches Meer (siehe Kasten) und empfing stattdessen den Staatsgast zum Abendessen im Buckingham Palace mit Queen und Trüffelsauce. Anschließend unterzeichneten beide Seiten Verträge mit einem Gesamtvolumen von 40 Milliarden Euro. Wenn hingegen Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch zu einer dreitägigen Chinareise aufbricht, kann sie sicherlich nicht ganz so viel bieten.
Die Reise dient auch zur Überprüfung des 2014 vereinbarten Aktionsrahmens
„Der Kontrast zwischen deutscher Zurückhaltung und der hyperaktiven Chinapolitik Großbritanniens ist momentan ein Dauerthema der Chinesen“, sagt Sebastian Heilmann, Direktor des China-Forschungsinstituts Merics, „das wird den Deutschen vorgehalten.“ Im Rahmen ihrer Termine mit Staatspräsident Xi Jinping und Ministerpräsident Li Keqiang wird es für die Bundeskanzlerin darum gehen, die Umsetzung des 2014 vereinbarten Aktionsrahmens zu überprüfen, der 110 verschiedenste Punkte umfasste. Neben Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen werden sie hochrangige Wirtschaftsvertreter begleiten. Nach Medienberichten wird auch der neue VW-Chef Matthias Müller dabei sein. Die Unternehmenschefs werden ihren chinesischen Partnern erklären müssen, warum vor allem beim Punkt „Industrie 4.0“, den Kooperationen und Technologietransfers, die Skepsis unter den deutschen Unternehmern überwiegt. „Da ist die deutsche Seite aus chinesischer Sicht zu passiv“ erklärt Sebastian Heilmann.
Die Rahmenbedingungen der Reise sind ohnehin nicht einfach. Zum einen kühlt sich nicht nur die chinesische Wirtschaft ab, sondern auch die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen. Auch kritisiert Deutschland die jüngste innenpolitische Verhärtung in China, zum Beispiel die Verhaftungen von Journalisten und Anwälten.
Ohnehin ist deutsche Außenpolitik gegenwärtig mit dringenderen Themen beschäftigt. Sogar in Peking wird die Kanzlerin um Hilfe in der Flüchtlingsfrage ersuchen. Zwar kann die Volksrepublik nicht unmittelbar helfen, aber sie kann Einfluss auf den Ursprung der Krise nehmen. In den Flüchtlings-Herkunftsländern Afghanistan und Pakistan besitzt China unmittelbaren politischen Einfluss, bei Syrien könnte es zumindest mäßigend auf seinen politischen Partner Russland einwirken. Auch kann China als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates zu einer multinationalen Lösung der Krise im Nahen Osten beitragen. Die Hoffnung der deutschen Seite auf eine aktivere Rolle der Volksrepublik speist sich auch aus den positiven Erfahrungen mit China bei den Atomverhandlungen mit dem Iran.
Nach Angela Merkel reist Francois Hollande nach China
Zwar werden ein, eventuell auch zwei Wirtschaftsvereinbarungen unterzeichnet werden, doch sie werden bei Weitem nicht das Ausmaß der britischen Abkommen erreichen. „Großbritannien zieht gerade voller Energie vorbei an Deutschland als Ankerstaat der chinesischen Politik in Europa“, sagt China-Experte Sebastian Heilmann. Regierungskreise verweisen hingegen darauf, dass weiterhin rund 30 Prozent des EU-Handelsvolumens mit China auf Deutschland entfallen, das sei mehr als Frankreich und Großbritannien zusammen. Auch solle man nicht den Wettbewerb betonen, sondern die gemeinsamen EU-Interessen, die man vertrete. So gesehen dürfte die Bundesregierung auch mit dem nächsten Besucher in Peking kein Problem haben. Dann kommt der französische Staatspräsident François Hollande.