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Dietmar Woidke (l), Ministerpräsident und Spitzenkandidat der SPD Brandenburg, in Potsdam.
© Gregor Fischer/dpa

In der SPD steigt die Nervosität: Sprengt die Wahl in Brandenburg die große Koalition im Bund?

Eine Niederlage der SPD in ihrem Stammland Brandenburg könnte die große Koalition im Bund zerreißen. Ein Blick auf die möglichen Szenarien.

Brandenburg ist für die SPD im Osten das, was Nordrhein-Westfalen lange im Westen war: Rotes Stammland, seit der Wende immer von Sozialdemokraten regiert. In Schwante bei Berlin wurde am 7. Oktober 1989 auch die Sozialdemokratische Partei in der DDR gegründet.

Doch geht hier die Wahl verloren und wird zeitgleich in Sachsen ein Ergebnis unter zehn Prozent geholt, droht eine Eigendynamik. Schon nach der Europawahl hieß es, es passiert nichts. Dann entzündete sich Kritik an Andrea Nahles, sie trat als Partei- und Fraktionschefin zurück.

Seither hat die SPD drei Übergangs-Parteichefs, aber kein richtiges Machtzentrum mehr. Wenn prominente Vertreter des linken Flügels wie Juso-Chef Kevin Kühnert nach einem Wahl-Fiasko zur Erneuerung in der Opposition aufrufen und ein Ende des Profilverwässerns durch ständige Kompromisse in der großen Koalition fordern, dann könnte die Lage schwierig werden.

Es gibt Genossen, die das faktische Ende der Großen Koalition im Bund bereits auf den 1. September, 18.05 Uhr, also nach den ersten Prognosen, datieren. Durchgespielt wird auch in anderen Parteien schon das Szenario einer CDU/CSU-Minderheitsregierung, also nur mit Unions-Ministern.

Die SPD könnte zuvor noch den Haushalt für 2020 mitbeschließen, so wäre Handlungsfähigkeit für ein paar Monate gesichert. Um sich dann in der Opposition wieder mit „rot pur“ zu profilieren und vielleicht bei Neuwahlen nicht ganz so stark abgestraft zu werden, wenn die Leute wieder etwas mehr wissen, wofür die SPD steht.

Eine lose Masse

Das sind alles nur Szenarien, die derzeit diskutiert werden, sie zeigen die große Nervosität in der Partei. Am wahrscheinlichsten ist ein Durchhalten bis zum SPD-Bundesparteitag Anfang Dezember mit der Neuwahl einer Parteispitze. Wenn sich dort ein Duo durchsetzt, das gegen die Fortsetzung der großen Koalition ist, könnte dann das Aus kommen.

Damit rechnen auch viele bei der Union – das Paradoxe: In der Regierung funktioniert der SPD-Apparat gut, der Rest ist eine lose, schwer zu kontrollierende Masse.

Und das in Zeiten einer Zeitenwende. Wohl nicht in Brandenburg, aber womöglich in Sachsen könnte es sein, dass erstmals in der bundesrepublikanischen Geschichte eine „Weimar-Koalition“ gebildet werden muss: eine Koalition aus CDU (letzte Umfrage: 28 Prozent), SPD (8), Grüne (12) und FDP (5), eine All-Parteien-Koalition gegen die Rechte und Linke, AfD (25) und Linkspartei (16) würden dann die Opposition bilden.

Ausgerechnet CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak gießt in der fragilen Situation Öl ins Feuer – ein Koalitionsbruch wäre wohl auch das vorzeitige Ende der Kanzlerschaft von Angela Merkel.

Als am Mittwoch bekannt wird, dass der umstrittene Parteilinke Ralf Stegner (58) und Gesine Schwan (76) nun gemeinsam SPD-Vorsitzende werden wollen, schreibt Ziemiak bei Twitter: „Stegner hat nun doch eine Frau gefunden... Wenn beide noch den Kevin adoptieren, könnten wir eine Neuauflage von ,Eine schrecklich nette Familie’ aufführen.“

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