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Familienministerin Manuela Schwesig (SPD).
© dpa

Flüchtlinge: Spekulationen über Familiennachzug

Zum Familiennachzug von Flüchtlingen gibt es nur wenige Daten, aber viele Mutmaßungen. Auch Familienministerin Manuela Schwesig geriet nun in diese Debatte. Dabei wollte sie eigentlich eine ganz andere Botschaft setzen.

Wenn ein Politiker, ein Regierungsmitglied noch dazu, in diesen Tagen etwas zum Thema Flüchtlinge sagt, muss er oder sie damit rechnen, dass jedes Wort schwer wiegt. Das hat nun auch Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) erfahren, die am Dienstag von der Dynamik ihrer Aussagen überrascht wurde. In einem Pressegespräch wollte sie darauf hinweisen, dass geflüchtete Frauen und Kinder eine besondere Betreuung benötigten. „Bei allen Maßnahmen zum Schutz, zur Versorgung und zur Integration müssen Frauen und Kinder Vorrang haben“, sagte Schwesig der Funke-Mediengruppe. Ein Luxusproblem könnte man meinen, schließlich leben in den deutschen Asylunterkünften in der Mehrzahl Männer. Doch Schwesig wies darauf hin, dass die Männer vielleicht nicht allein bleiben werden: „Wir rechnen damit, dass sehr viele Frauen und Kinder nachkommen“, wird sie zitiert. Einen Tag nachdem eine andere Zeitung unter Berufung auf eine geheimen Bericht prognostiziert hatte, dass durch den Nachzug von Familienangehörigen bald mehr als sieben Millionen Flüchtlinge in Deutschland leben könnten, enthielt der Satz einiges an Brisanz.

Großzügige Hochrechnungen

Die Deutsche Presse-Agentur spitzte zu: „Schwesig rechnet mit massivem Nachzug von Flüchtlingsfamilien.“ Im Familienministerium heißt es nun, die Ministerin habe keineswegs die Absicht gehabt, den Familiennachzug zu problematisieren, so wie der CSU-Politiker und Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer etwa, der eine Begrenzung des Anspruchs auf Familiennachzug fordert. Konkrete Zahlen zum tatsächlichen Ausmaß des Phänomens haben weder Schwesig noch Singhammer. Selbst das Auswärtige Amt, das die Visa für Angehörige von Flüchtlingen erteilt, verfügt über eine dünne Datenbasis. Es weiß aber, wie viele Familienangehörige bisher eingereist sind. Insgesamt seien 2014 im Rahmen des Familiennachzugs weltweit 50.000 Visa erteilt worden, im ersten Halbjahr 2015 insgesamt 30.000, heißt es dort. Erfasst seien aber generell alle Familiennachzüge – also beispielsweise auch die frischvermählte Türkin, die zu ihrem in Deutschland lebenden Ehemann zieht. Die Zahl der seit 2014 nachgezogenen Syrienflüchtlinge bewege sich im niedrigen fünfstelligen Bereich. Einige Tausend Anträge würden derzeit bearbeitet. Klar ist: Selbst großzügig hochgerechnet lässt sich aus diesen Erfahrungswerten kaum eine Zahl von sieben Millionen ableiten.

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