Lagebericht des Auswärtigen Amts: SPD lehnt Abschiebungen nach Syrien strikt ab
Das Auswärtige Amt warnt vor Abschiebungen nach Syrien, wie sie zuletzt von der CSU vorgeschlagen wurden. In keinem Landesteil bestehe verlässlicher Schutz.
Das Auswärtige Amt warnt nach einem Bericht von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR vor Abschiebungen nach Syrien, wie sie zuletzt einige Unionspolitiker ins Gespräch gebracht haben. "In keinem Teil Syriens besteht ein umfassender, langfristiger und verlässlicher Schutz für verfolgte Personen", zitiert die "SZ" in ihrer Dienstagsausgabe aus dem unter Verschluss gehaltenen neuen Lagebericht des Außenministeriums, das auf den 13. November 2018 datiert ist.
Der Bericht soll Grundlage für die Entscheidung über eine Verlängerung des Abschiebestopps nach Syrien sein, über den in der kommenden Woche die Innenministerkonferenz in Magdeburg berät. In dem 28-seitigen Bericht heißt es, männliche Rückkehrer im wehrpflichtigen Alter zwischen 18 und 42 Jahren würden nach ihrer Rückkehr in der Regel zum Militär eingezogen, vorher jedoch oft noch für mehrere Monate wegen Desertion inhaftiert. Für Rückkehrer bleibe daher das Risiko hoch, auch wenn einzelne von ihnen in jüngerer Zeit wieder in ihrer syrischen Heimat hätten Fuß fassen können.
"Innerhalb der besonders regimenahen Sicherheitsbehörden, aber auch in Teilen der vom Konflikt und der extremen Polarisierung geprägten Bevölkerung gelten Rückkehrer als Feiglinge und Fahnenflüchtige, schlimmstenfalls sogar als Verräter beziehungsweise Anhänger von Terroristen", warnt das Auswärtige Amt demnach weiter. Schon die Herkunft aus einer als oppositionsnah geltenden Ortschaft könne zu Gewalt oder anderer staatlicher Repression führen. Es seien Fälle bekannt, in denen Rückkehr dauerhaft „verschwunden“ seien.
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, sprach sich angesichts des Lageberichts strikt gegen Abschiebungen nach Syrien aus. Mützenich sagte dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland": "Angesichts der anhaltenden Kampfhandlungen und terroristischen Bedrohungen, der in großen Teilen katastrophalen Versorgungslage sowie der weitgehenden Rechtlosigkeit in Syrien kann nicht ernsthaft und verantwortbar über Abschiebungen nach Syrien gesprochen werden." Niemand könne verlangen, dass mit einem Willkürregime Verhandlungen über Rückführungen aufgenommen würden. Denn die bisherigen Erfahrungen zeigten nur allzu deutlich, dass auf gegebene Zusagen kein Verlass sei, sagte der SPD-Politiker.
Abschiebestopp für Syrien läuft im Dezember aus
Für Syrien gilt derzeit ein genereller Abschiebestopp, der im Dezember aber ausläuft. Am Mittwoch kommender Woche wollen die Innenminister der Länder auf ihrer Konferenz in Magdeburg über eine Verlängerung beraten. Unter Verweis auf freiwillige Rückkehrer hatten in der vergangenen Woche einige Politiker gefordert, auch über Abschiebungen nach Syrien nachzudenken. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte gefordert, zumindest schwere Straftäter und sogenannte Gefährder nach Syrien abzuschieben, "sobald es die Lage erlaubt". Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte, dass Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern geprüft würden. In diesem Jahr sind nach Angaben seines Ministeriums bislang 429 Syrer freiwillig in ihr Heimatland zurückgekehrt.
Verglichen mit der Zahl der Asylanträge von Menschen aus dem Land ist diese Zahl gering. Allein im Oktober beantragten laut Statistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge mehr als 3.300 Syrer in Deutschland Asyl. In den Vormonaten lag die Zahl der Anträge auf einem ähnlichen Niveau.
Den Bericht über die Lage in Syrien hat das Auswärtige Amt auf Bitten der Bundesländer für die Beratungen in der kommenden Woche erstellt. Das Ministerium selbst gibt keine Details aus dem Bericht bekannt, der als Verschlusssache eingestuft ist. Ein Sprecher sagte in der vergangenen Woche, die Lage in Syrien sei weiterhin schwierig, sowohl in den vom Regime als auch in den von oppositionellen Kräften kontrollierten Gebieten. Allein die Zusammenstellung des Berichts sei schwierig gewesen, hieß es. Deutschland hat momentan keine eigene Botschaft in Syrien.
Die syrische Regierung von Präsident Baschar al-Assad ruft offiziell Flüchtlinge zur Rückkehr auf. Sogar ein Minister für Flüchtlingsrückkehr wurde ernannt und eine "Rückkehrkommission" eingerichtet. Im Lagebericht des Auswärtigen Amts heißt es dazu allerdings laut "SZ", auch auf Sicherheitsgarantien der syrischen Behörden sei offensichtlich kein Verlass. (AFP, epd)