Opposition: SPD fordert Neuwahlen im Bund
SPD-Chef Gabriel fordert von Angela Merkel ein Ende der Koalition und Neuwahlen. Den Eintritt der SPD in eine große Koalition lehnt er zwar ab, aber er bietet Alternativen an.
Berlin - SPD-Chef Sigmar Gabriel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dazu aufgefordert, ihr Regierungsbündnis mit der FDP zu beenden und den Weg für Neuwahlen freizumachen. „Wenn die Kanzlerin und ihr Finanzminister Schäuble der historischen Verantwortung für Deutschland und Europa gerechtwerden wollen, dann können sie mit dieser Koalition nicht mehr weiterregieren“, sagte Gabriel dem Tagesspiegel. Nicht die Kanzlerin bestimme bei Schwarz- Gelb „die Richtung für Deutschlands Rolle in Europa, sondern ein völlig unkalkulierbarer Mitgliederentscheid einer in Auflösung befindlichen FDP“.
Mit Blick auf die Ausweitung des Euro- Rettungsschirms EFSF sowie den dauerhaften Rettungsschirm ESM machte Gabriel deutlich, dass seine Partei eine von Merkel geführte Minderheitsregierung bei den anstehenden Abstimmungen im Bundestag unterstützen würde. „Wenn eine Regierung nicht mehr für Deutschland handeln kann, weil sie heillos zerstritten ist, muss das Parlament handeln. Wir werden im Parlament ausreichend Kraft und Verantwortungsbewusstsein aufbringen, um ohne die FDP die wichtigen Entscheidungen zur Stabilisierung Europas zu treffen, um danach in einem geordneten Verfahren zu Neuwahlen zu kommen.“
Den Eintritt der SPD in eine große Koalition schloss Gabriel aus. Die SPD kenne ihre Verpflichtung für Deutschland und Europa und werde ihrer Verantwortung im Parlament gerechtwerden. „Danach muss sich eine Regierung, die ihre Handlungsfähigkeit verloren hat, aber den Wählern stellen.“
Gabriel reagierte mit der Forderung nach Neuwahlen auf den eskalierenden Streit innerhalb der Koalition. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) am Wochenende das Recht ab, in der Euro-Krise für die Regierung das Wort zu ergreifen. „Innerhalb der Richtlinien der Bundeskanzlerin ist der Finanzminister für den Euro zuständig“, sagte er der „Bild am Sonntag“, „dass viele andere auch reden, kann ich nicht ändern.“ Rösler hatte eine „geordnete Insolvenz“ Griechenlands ins Spiel gebracht und vor „Denkverboten“ in der Debatte gewarnt. Dazu erklärte Schäuble weiter: „Denkverbote sind zutiefst freiheitswidrig. Aber das Gegenteil von Denkverboten sind nicht unbedingt Redegebote.“
Sollte die FDP den dauerhaften Rettungsschirm ESM nach einem Mitgliederentscheid ablehnen, steht nach den Worten Schäubles die Koalition auf dem Spiel. „Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die FDP sich durch einen Mitgliederentscheid auf einen Euro-skeptischen Kurs bringen ließe. Genauso wenig, wie ich mir vorstellen könnte, wie man mit einer grundsätzlich Euro-skeptischen Partei eine Koalition bilden könnte“, warnte er. FDP-Generalsekretär Christian Lindner wies die Kritik an Rösler zurück. Der FDP-Chef setze bei der Suche nach Lösungen der Euro- Krise einen Auftrag des Bundestags um. „Das Parlament hat klare Regeln für die Gläubigerbeteiligung und Staateninsolvenz gefordert. Das Parlament wird auch Herr Schäuble ernst nehmen“, sagte Lindner.
Gabriel erklärte mit Blick auf den Schlagabtausch der Koalitionäre, die Regierung sei zum „größten Stabilitätsrisiko für Europa“ geworden. Es könne nicht angehen, dass „60 000 panische FDP-Mitglieder über das Schicksal von 500 Millionen Europäern entscheiden.“ Die Euro-Skeptiker in der FDP um den Finanzexperten Frank Schäffler wollen den ESM über ein ablehnendes Votum der Parteimitglieder verhindern. Schäffler zeigte sich am Wochenende optimistisch, dass dies gelingen werde. Er warf Schäuble vor, eine „sozialistische Planwirtschaft“ anzustreben. „Der ESM führt dazu, dass die Gewinne privatisiert und die Verluste sozialisiert werden.“