Politik 2020: SPD, du kannst es besser!
Ist die SPD „untrainierbar“? Mitnichten, die Partei kann 2020 wieder aufsteigen – sie muss nur grundlegende Dinge verändern. Ein Kommentar.
Die Ehemaligen wissen es besser. Und es sind viele ehemalige Chefs bei der SPD. Wäre die ein Fußballverein, man könnte sie für untrainierbar erklären. Ein HSV der Politik. Der ist dann ja auch abgestiegen. Richtig ist trotzdem, was Martin Schulz und Thorsten Schäfer-Gümbel kritisieren. Scholz spricht im Rückblick auf 2019 von einem Mentalitätsproblem der SPD, Schäfer-Gümbel ärgert sich immer noch übers Nachtreten, das gewissermaßen zur Methode geworden ist. Wenn sich das 2020 nicht ändert...
Strukturell wirkt die SPD inzwischen unsolidarisch. Was die Menschen erkennbar abstößt. Aber die Genossen nicht davon abhält, auch ihre neuen Chefs schon wieder so anzugreifen, dass die es vielleicht nicht übers ganze nächste Jahr schaffen. Von wegen goldene Zwanziger: 19 war fürchterlich – 20 kann noch schlimmer werden. Die SPD, vielerorts einstellig, schaut in den Abgrund. Und ist zuletzt doch noch näher an ihn herangerückt.
Hier zeigt sich das Mentalitätsproblem mit dem Nachtreten vereint, und zwar gegen die anderthalb Jahrhunderte SPD, in denen es immer wieder Politikentwürfe gab, für die viele sich begeistern konnten. Entwürfe, die das Land und sogar die Welt vorangebracht haben.
Wenn die SPD doch nur ihre Tradition als die erkennen wollte, die große Veränderungen zum Guten bewirkt hat. Ost- und Entspannungspolitik, Weltinnenpolitik, frühe Anfänge der Klimapolitik, eine europäische Währungspolitik, eine neue deutsche Reformpolitik – alles zusammen ergibt eine Traditionslinie. Mit der könnte sich die SPD viel besser blicken lassen, wenn sie die Linie fortschriebe.
Die SPD zu regenerieren heißt: Veränderte Wirklichkeit in Solidarität neu buchstabieren
Von Gerhard Schröder stammt der Satz, Hartz-Gesetze seien nicht die „Gesetzestafeln Mose“. Genau! Das zu seiner Zeit als richtige Erkannte der veränderten Wirklichkeit anzupassen und Solidarität neu zu buchstabieren, heißt, die SPD zu regenerieren.
Eben vom Parteitag einstimmig beschlossen: Abschied von Hartz IV, eine Kindergrundsicherung gegen Armut, 1,5 Millionen Wohnungen in zehn Jahren, eine solidarische Bürgerversicherung für die Pflege, perspektivisch ein Mindestlohn von zwölf Euro, ein Recht auf Homeoffice und auf Nichterreichbarkeit.
Das alles ist nicht morgen zu erreichen, taugt aber allemal als Anreiz fürs Jahr. Wichtig ist der Perspektivwechsel: SPD, du kannst es besser. Auch im Umgang mit dir selbst. Wenn sich der 2020 nicht ändert, wird es für den Wiederaufstieg nie reichen.