Gesundheitsminister: Spahn will per Verordnung über Krankenkassenleistungen entscheiden
Gesundheitsminister Jens Spahn will etwa erreichen, dass Krankenkassen Fettabsaugungen an Po und Oberschenkeln bezahlen.
Ein Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), künftig per Verordnung über Kassenleistungen entscheiden zu können, stößt beim Koalitionspartner SPD auf Ablehnung. Der Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Karl Lauterbach, erklärte am Freitag in Berlin, die Politik dürfe nicht „nach Gusto bestimmen“, was von den Krankenkassen bezahlt werde und was nicht.
Das würde das Vertrauen der Bevölkerung in den medizinischen Nutzen der Kassenleistungen aushöhlen, argumentierte Lauterbach. Es müsse nicht weniger wissenschaftliche Prüfungen von Behandlungsverfahren geben, sondern mehr. Der SPD-Gesundheitsexperte wandte sich damit gegen einen Antrag des Gesundheitsministers zum „Terminservice- und Versorgungsgesetz“ (TSVG), über den zuerst die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Freitag) berichtet hatte. Das Gesetz wird derzeit im Bundestag beraten.
Spahn will mit dem Antrag konkret erreichen, dass die Krankenkassen Frauen, die an krankhafter Fettverteilungsstörung leiden, die Fettabsaugung an Po und Oberschenkeln bezahlen. Er ist ungeduldig, weil der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (GBA) seit Jahren keine Entscheidung trifft. Doch sein Antrag beinhaltet, dass künftig dem Bundesgesundheitsministerium grundsätzlich ermöglicht würde, durch Verordnungen am GBA vorbei eigene Entscheidungen über Kassenleistungen zu treffen. Das käme einem Systembruch gleich, denn über Kassenleistungen entscheidet die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, sagte, sie kenne die Situation der betroffenen Frauen und habe Verständnis für den Ärger über die langen Entscheidungsprozesse in der Selbstverwaltung. Es sei aber der „völlig falsche Weg“, per Ministererlass reagieren zu wollen. Parallelstrukturen im Regierungsapparat könnten nicht ernsthaft gewollt sein, erklärte Dittmar.
Unbeeindruckt von der Kritik aus der SPD kündigte das Ministerium in einer Erklärung an, im Herbst dieses Jahres werde die Fettabsaugung Kassenleistung sein. Spahn hatte der „FAZ“ dazu gesagt, unter der krankhaften Fettverteilungsstörung litten bis zu drei Millionen Frauen: „Ihnen wollen wir schnell und unbürokratisch helfen.“ Er berief sich auf eine Rechtssprechung des Bundessozialgerichts, die den Gesetzgeber in Einzelfällen ermächtigt Regeln aufzustellen, die nicht mit den Entscheidungen des GBA übereinstimmen. (epd)