EU spricht von „Kidnapping“: Soldaten nehmen Führung von Malis Übergangsregierung fest
Erst seit wenigen Monaten hatte Mali nach einem Militärputsch eine Übergangsregierung. Doch nun werden der Präsident und der Regierungschef festgesetzt.
Malis Übergangspräsident Bah N'Daw und Ministerpräsident Moctar Ouane sind von Soldaten festgenommen worden. Das sagte ein Militäroffizier, der anonym bleiben wollte, der Deutschen Presse-Agentur am Montagabend. N'Daw und Ouane seien demnach in ein Militärcamp in Kati 15 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Bamako gebracht worden. UN-Generalsekretär António Guterres forderte die umgehende Freilassung der beiden Inhaftierten. Die EU verurteilte das „Kidnapping“.
Guterres schrieb auf Twitter, er sei zutiefst besorgt über die Nachricht der Inhaftierung „ziviler Anführer des malischen Übergangs“. „Ich fordere Ruhe und ihre bedingungslose Freilassung.“ Ähnlich äußerte sich die UN-Mission Minusma, die den Friedensprozess in dem westafrikanischen Land unterstützen soll. Sie forderte zudem, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. EU-Ratspräsident Charles Michel sagte nach Beratungen der Staats- und Regierungschef beim EU-Gipfel in Brüssel: „Wir verurteilen, was in den vergangenen Stunden in Mali passiert ist.“ Man rufe zu einem zivilen Übergang auf und sei auch bereit, angesichts der schwerwiegenden Ereignisse „notwendige Maßnahmen“ zu prüfen.
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Wenige Stunden zuvor hatten die Anführer der Übergangsregierung per Dekret ein neues Kabinett ernannt, in dem das Militär trotz gegenteiliger Versprechen strategisch wichtige Ämter besetzt. Offiziere werden die Ministerien für Verteidigung, Sicherheit, territoriale Verwaltung und nationale Versöhnung leiten, wie die Regierung am Montagabend mitteilte. Insgesamt 25 Minister wurden ernannt; elf darunter sind Neueinsteiger.
Einige Armeeoffiziere seien jedoch von der neuen Regierung ausgeschlossen worden. Dazu gehören der bisherige Verteidigungsminister Oberst Sadio Camara und Sicherheitsministers Oberst Modibo Koné. Beide gehörten der Militärjunta an, die im August 2020 Präsident Ibrahim Boubacar Keïta gestürzt hatte. Auch Keïta war damals festgenommen und nach Kati gebracht worden.
Die US-Botschaft in Bamako gab am Abend eine Sicherheitswarnung heraus, in der es hieß, sie habe „Berichte über erhöhte militärische Aktivitäten“ in der Stadt erhalten. Die Bürger wurden aufgefordert, „nicht unbedingt notwendige Reisen innerhalb der Stadt zu vermeiden“.
Auch Bundeswehr soll Mali stabilisieren
Im westafrikanischen Krisenstaat Mali war am 14. Mai die Regierung aufgelöst worden. Übergangspräsident Bah N'Daw bestätigte per Dekret Ministerpräsident Moctar Ouane im Amt und beauftragte ihn mit der Bildung einer neuen Regierung.
Die Übergangsregierung in Mali hatte erst im Januar die Militärjunta abgelöst. Auf Druck vor allem des westafrikanischen Regionalbündnisses Ecowas wurde später eine Übergangsregierung mit Ex-Verteidigungsminister N'Daw an der Spitze gebildet. Die neue Regierung sollte eine Balance zwischen den Interessen der Armee sowie der Zivilgesellschaft schaffen, die Verfassung reformieren und innerhalb von 18 Monaten Wahlen durchführen.
Der instabile Krisenstaat wird seit Jahren von islamistischen Terrorgruppen geplagt. 2013 schlug erst ein massiver französischer Militäreinsatz ihren Vormarsch auf die Hauptstadt Bamako zurück. Einige dieser Gruppen haben dem Islamischen Staat (IS) oder Al-Kaida die Treue geschworen. Immer wieder werden auch ausländische Staatsbürger entführt. Frankreich kämpft im riesigen Sahel-Gebiet mit rund 5100 Soldaten gegen Terrorgruppen.
In Mali ist auch eine UN-Mission zur Stabilisierung des Landes im Einsatz, an der auch Bundeswehrsoldaten beteiligt sind. Der Großteil der Bundeswehrsoldaten ist im Camp Castor in Gao im Norden Malis im Rahmen der UN-Truppe Minusma stationiert. Zusätzlich sind als Teil der EU-Ausbildungsmission EUTM deutsche Soldaten dort, überwiegend in einem Feldlager in Koulikoro, nord-östlich der Hauptstadt.
An dem Einsatz EUTM Mali sind bis zu 1077 Soldaten beteiligt. Deutschland stellte davon zuletzt bis zu 450. Vom 1. Juni an sollen es eigentlich sogar bis zu 600 Soldatinnen und Soldaten sein. (dpa)