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Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern.
© Sven Hoppe/dpa
Update

„Wir brauchen kein Berliner Zentralabitur“: Söder zieht Bayern aus Nationalem Bildungsrat zurück

Der geplante Bildungsrat muss ohne Bayern gebildet werden - falls überhaupt. Baden-Württemberg zieht ebenfalls zurück. Jetzt droht neuer Ärger in der Groko.

Bayern steigt aus dem geplanten Nationalen Bildungsrat aus. Am Sonntag hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Bayerischen Rundfunk (BR) den Ausstieg Bayerns aus dem im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD vereinbarten Projekt angekündigt. Er begründete das damit, das bayerische Abitur behalten zu wollen – „und kein Zentralabitur aus Berlin“, wie er auf Twitter schrieb.

Auf ein solches Abitur nach gemeinsamen bundesweiten Vorgaben könnte der Nationale Bildungsrat hinauslaufen, warnte Söder. „Wir befürchten, dass am Ende ein Berliner Zentralabitur das Ziel ist, was eine Verschlechterung des Bildungsniveaus in Bayern bedeuten würde“, sagte er dem BR. „Das bayerische Abitur bleibt bayerisch, übrigens genauso, wie die Ferienzeiten bleiben, wir wollen auch die nicht angleichen.“

Vor einem Monat hatte Söder seinen Unmut bereits bei der Ministerpräsidentenkonferenz deutlich gemacht. Zu befürchten sei „ein bürokratisches Monstrum, das am Ende aus Berlin in die kleinen Schulstuben hineinregiert und in die Klassenzimmer“. Söder und auch Baden-Württembergs CDU-Bildungsministerin Susanne Eisenmann pochen mit dieser Argumentation auf die Bildungshoheit der Länder, die im deutschen Bildungsföderalismus garantiert ist.

Baden-Württemberg macht beim Bildungsrat ebenfalls nicht mit

Eisenmann sagte am Sonntagnachmittag, Baden-Württemberg werde beim Nationalen Bildungsrat ebenfalls nicht mehr mitmachen: „Auch ich halte den Nationalen Bildungsrat für ein komplett überflüssiges Gremium, auf das man folgerichtig verzichten kann“, teilte sie in Stuttgart mit.

Den Aufbau des Nationalen Bildungsrats hatten Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart. Er soll aus Experten und Vertretern von Bund und Ländern bestehen, die sich um die Unterschiede bei der Bildung zwischen den Ländern und die Vergleichbarkeit des Abiturs kümmern sollte.

Bundesverfassungsgericht fordert weniger Unterschiede beim Abitur

Für das Abitur ist es aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts geboten, Unterschiede bei den Ländervorgaben und den Notendurchschnitten abzubauen – und damit Ungerechtigkeiten etwa beim Zugang zum Medizinstudium. Bislang wurde versucht, das Abitur durch gemeinsame Bildungsstandards der Länder und einen Pool von Abituraufgaben anzugleichen.

Diese wurden zwar in der Kultusministerkonferenz (KMK) länderübergreifend vereinbart, sind aber wenig verbindlich. Insbesondere Bayern hat zuletzt nur die Mindestvorgabe erfüllt, eine einzige Abituraufgabe aus dem Pool zu nehmen – und die wurde noch abgewandelt.

Schüler arbeiten in einer Unterrichtsstunde mit Tablets.
Schüler arbeiten in einer Unterrichtsstunde mit Tablets.
© Uli Deck/dpa

Allerdings war bei den bisherigen Plänen zu einem Nationalen Bildungsrat nie die Rede davon, das deutsche Bildungssystem oder auch nur das Abitur bundesweit nach Vorgaben „aus Berlin“, also aus dem Bundesbildungsministerium, zu vereinheitlichen. Das Gremium, dem neben Bildungsexperten auch Vertreter der Zivilgesellschaft, aus den Ländern und dem Bund angehören sollen, könnte Vorschläge zu mehr Transparenz, Qualität und Vergleichbarkeit im Bildungswesen erarbeiten, heißt es im Koalitionsvertrag von CDU, SPD und CSU.

Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe (SPD), Koordinator der SPD-regierten Länder in der KMK, kritisierte Söders Vorstoß. Er warf dem bayerischen Ministerpräsidenten vor, den Nationalen Bildungsrat „unter fadenscheinigen Vorwänden zu beerdigen“.

Streit um Nationalen Bildungsrat spaltet auch Union

Der Streit um den Bildungsrat geht aber auch quer durch die Union. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) bedauerte den angekündigten Ausstieg. Sie hatte sich zuletzt mit den SPD-regierten Ländern auf ein Bund- Länder-Stimmengewicht im Bildungsrat geeinigt. Ihre Parteifreundin Susanne Eisenmann erteilte dem Projekt am Sonntag direkt im Anschluss an Söder zum wiederholten Mal eine klare Absage: „Wir brauchen keine Vorgaben aus Berlin, sondern wir Länder sind stark genug, um selbst verbindliche und einheitliche Standards zu entwickeln.“ Deshalb setze sie sich „für einen Länderstaatsvertrag für gute Bildung“ ein.

Anzunehmen ist, dass die unionsregierten Länder genau darauf drängen werden. „Die KMK arbeitet bereits seit geraumer Zeit an einem Staatsvertrag, der für mehr Vergleichbarkeit zwischen den Ländern sorgen soll und sorgen wird“, sagte der hessische Minister Alexander Lorz (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. Der derzeitige KMK-Präsident hält die Folgen des Schritts Bayerns offensichtlich für überschaubar. „Denn Nationaler Bildungsrat hin oder her, die manchmal vielleicht berechtigten Kritikpunkte am Bildungsföderalismus könnte dieser nicht beseitigen. Das muss der Staatsvertrag schaffen“, sagte er. Die zusätzliche Expertise der Bildungsforschung aus dem geplanten Bildungsrat bliebe dann außen vor. (mit dpa/AFP)

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