Parlamentswahlen in Italien: Silvio Berlusconi kehrt zurück
Italiens 81-jähriger Ex-Premier will mit seinem Parteienbündnis die Parlamentswahlen gewinnen. Die Chancen stehen gut.
Am 29. September ist Silvio Berlusconi 81 Jahre alt geworden. Wenn es um Politik geht, hat er immer noch eine feine Nase. „Ich rieche den Duft des Sieges bei den nächsten Wahlen“, schrieb der frühere Regierungschef vor nicht allzu langer Zeit auf Facebook. Nun geben ihm die Umfragen recht: Seine Partei Forza Italia liegt bei 15 Prozent, die fremdenfeindliche Lega Nord ebenfalls bei 15 Prozent, die rechtsnationalen Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) bei fünf Prozent.
Die drei Rechtsparteien, die bei den Parlamentswahlen in Italien im nächsten Frühling gemeinsam antreten werden, kommen also auf 35 Prozent. Die Protestpartei von Beppe Grillo dagegen ist unter die 30-Prozent-Marke gerutscht, die sozialdemokratische Regierungspartei PD liegt auf Platz drei mit 25 Prozent.
Und das Rechtsbündnis hat, zumindest wenn Berlusconi seine Nase erneut nicht trügt, noch kräftig Luft nach oben. „Ich werde Forza Italia bis zu den Wahlen auf 25 Prozent und die Koalition auf über 40 Prozent bringen“, ließ der Mailänder Multimilliardär verlauten.
Ein neues Wahlgesetz macht das Comeback möglich
Dass Berlusconi plötzlich zurück im politischen Geschäft ist, verdankt er nicht zuletzt dem neuen Wahlgesetz, das kürzlich vom Senat verabschiedet worden ist. Es zwingt die Parteien zu Koalitionen – und Berlusconi ist der Einzige, der diesbezüglich Optionen hat. Grillos Fünfsterne-Bewegung lehnt Bündnisse mit anderen Parteien aus Prinzip ab, und der linke PD ist wieder einmal derart zerstritten, dass eine weitere Parteispaltung bis zu den Wahlen wahrscheinlicher erscheint als eine Bündelung der Kräfte.
Die überwältigende Zustimmung zu den von der Lega Nord initiierten und von der Forza Italia unterstützten Autonomie-Referenden in der Lombardei und im Veneto lässt Berlusconi hoffen, dass das Rechtsbündnis bei den Wahlen in den nördlichen Regionen im großen Stil abräumen wird.
Auch im traditionell konservativ wählenden Süden stehen die Chancen gut. Simulationen, die das Demoskopie-Institut Ipsos aufgrund der aktuellen Umfragewerte durchgeführt hat, bestätigen die Schlagkraft von Berlusconis Rechtskoalition im Norden und im Süden. Den Berechnungen zufolge würde sie mehr als doppelt so viele Direktmandate holen wie der PD von Regierungschef Paolo Gentiloni und Ex-Premier Renzi und ein Drittel mehr als die „Grillini“.
Italien reibt sich die Augen. Denn ein Wahlsieg Berlusconis – das wäre im Grunde schon fast surreal. Als er Ende November 2011 angesichts des drohenden Staatsbankrotts vom damaligen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano zum Rücktritt gedrängt und durch den Wirtschaftsprofessor Mario Monti ersetzt wurde, hatte dies den Beginn eines scheinbar endgültigen Abstiegs markiert.
Berlusconi war diskreditiert durch Prozesse und Sexskandale
Bereits vor der Absetzung war Berlusconi diskreditiert durch zahlreiche Strafprozesse und Sexskandale; danach folgte die Verurteilung wegen Steuerbetrugs, der Ausschluss aus dem Senat, ein Ämterverbot für sechs Jahre und die Verbüßung seiner Gefängnisstrafe in Form von Sozialdienst in einem Heim. Auch gesundheitlich ging es bergab: Wenige Monate vor seinem 80. Geburtstag musste sich Berlusconi am Herzen operieren lassen.
Aber Italien ist ein katholisches Land – und so werden alle Sünden irgendwann vergeben. Das Ämterverbot ist aber immer noch in Kraft und wird Berlusconi mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit daran hindern, selbst als Spitzenkandidat der Forza Italia anzutreten.
Der europäische Menschenrechtsgerichtshof, an den sich der Ex-Premier nach seinem Rausschmiss aus dem Senat gewandt hat, wird am 22. November erstmals in der Causa „Berlusconi gegen die italienische Republik“ zusammentreten – aber selbst wenn die Strassburger Richter das Ämterverbot als unrechtmäßig einstufen sollten (was nicht sehr wahrscheinlich ist), käme ein solcher Entscheid wohl zu spät. Vom ersten Zusammentreten der Großen Kammer des Gerichts bis zum Urteil vergehen in der Regel vier bis sechs Monate. Die italienischen Parlamentswahlen werden voraussichtlich bereits am 4. März stattfinden.
Er könnte im Hintergrund die Strippen ziehen
Dass er nicht mehr selbst am Schreibtisch des Regierungschefs im Palazzo Chigi wird Platz nehmen können, ist für Berlusconi zwar bitter, aber eigentlich kann es dem Ex-Premier egal sein. Mit einem Sieg der von ihm angeführten Rechtskoalition bei den Wahlen hätte er nicht nur entscheidenden Einfluss auf die Regierungsbildung, sondern er könnte auch im Hintergrund die Fäden ziehen.
Wie groß der Einfluss eines nicht ins Parlament gewählten Parteichefs ist, demonstriert derzeit PD-Anführer Matteo Renzi. Seit seinem Rücktritt als Regierungschef vor knapp einem Jahr diktiert er seinem Nachfolger Gentiloni die Agenda.
Für Berlusconi sind die kommenden Wahlen „die letzte politische Herausforderung meines Lebens“, wie er sagt. Auf seinen drei nationalen TV-Sendern rührt er bereits kräftig die Werbetrommel: „Wir werden eine liberale Revolution durchführen und dieses Land, das ich liebe, von der Unterdrückung durch die Bürokratie, die Justiz und die Steuern befreien.“
Eine Niederlage zieht Berlusconi nicht ernsthaft in Betracht
Das sind die gleichen Versprechen, die er schon bei seinem ersten Wahlkampf vor 23 Jahren gemacht hatte – aber in den Ohren vieler Italiener tönt es immer noch gut. Sollte er scheitern, würde er sich von der Politik verabschieden: „Wenn ich keine Mehrheit erhalte, ziehe ich mich zurück. Das wäre dann die Schuld der Italiener, die nicht einschätzen können, wer etwas kann und wer dagegen in seinem Leben noch nie etwas zustande gebracht hat“, sagt er.
Doch eine Niederlage zieht Berlusconi nicht ernsthaft in Betracht: „Wenn ich mir in meinem Leben Ziele setzte, dann habe ich diese immer erreicht, auch wenn alle skeptisch waren und mein Scheitern prophezeiten.“ Das Parteilogo der Forza Italia, das auch auf den Wahlzetteln stehen wird, ist bereits entworfen. Unter dem Schriftzug Forza Italia steht in großen Lettern „Berlusconi Presidente“.